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20 Psychische Studien. XV. Jahrg. 1. Heft (Januar 1888.)
spiritistischen Pacta genau festgestellt und berichtet werden.
Das bringt aber selbst ehrlich meinende Journale bei Unverständigen
in den Verruf des Aberglaubens in den Augen
solcher Kritiker, die, wie Herr Kirchbach, nur die Oberfläche
beurtheilen und nicht tieler unter dieselbe hinabdringen.
Wenn man's so hört, möcht's leidlich scheinen, wie er
die Stellungnahme der Kirche zum Spiritismus begründet:
— „Die Religion musste den Geisterglauben im spiritistischen
Sinne immer ablehnen, denn sie kennt nur den einen Gott,
in dem alle Geister leben, weben und sind', worüber es ein
weiteres Hinausdenken nicht giebt. Das Bekenntniss, wir
glauben an einen Gott, welcher die Welt erschaffen und
zu dem wir nach dem Tode eingehen, sagt im Grunde nichts
anderes, als dass unser Nachdenken damit sich zu bescheiden
hat, dass ein unendlich göttliches Wesen ohne Zwischenformen
des Daseins die directe und unmittelbare Ursache
und religiöse Erklärung der Wirklichkeit ist. Sowie aber
Geister angenommen werden, welche in unsere Wirklichkeit
aus dem Scho* sse Gottes zurückkehren können, wird dieser
konsequente Glaube an den einen Gott für ein feineres
religiöses Gefühl profanirt, denn es liegt die Vorstellung
von höheren Wesen vor, die doch nicht Gott sind, welche
unlogisch eingreifen in den unmittelbaren Zusammenhang
der Ursache (Gott) mit der Wirkung (Welt). Eine wirkliche,
thatsächliche Erklärung erheischt aber diesen unmittelbaren
Zusammenhang, und so erklärt sich die Abneigung
der Religion gegen den Geisterglauben aus einem rein
logischen Gesetze. Denn der Geisterglaube ist nicht mit
dem Unsterblichkeitsglauben eins. Er erscheint vielmehr als
eine Profanirung des letzteren."— Also der wirkliche eine
Gott hat Geister erschaffen, in dem alle leben, weben und
sind', vor, während und nach diesem irdischen Leben, wie
wir annehmen müssen, da uns Herr Kirchbach nicht sagt,
ob er nur Geister während dieses irdischen Lebens im
Fleische als im causalen Zusammenhang unter sich und mit
Gott annimmt, vor und nach dem irdischen Leben aber
keine mehr. Da er aber dem Unsterblichkeitsglauben im
Sinne der Keligion das Wort redet, so sind wir wieder gezwungen
, seine Annahme einer nur irdischen Geisterwelt
fallen zu lassen und zu vermuthen, dass er auch an prä
(vor) und post (nach) diesem Leben vorhandene Geister
glaubt. Wie kann nun aber etwas prä und post diesem
Leben existirendes Geistiges in Widerspruch mit dem in
sich einigen und in unmittelbarem causalen Zusammenhang
befindlich, n Geiste Gottes stehen, der doch trotz so unendlich
vieler individueller Geistpersonen schon auf dieser Erde nicht
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