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28 Psychische Studien. XV. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1888.)
es selbst" (S. 55, 56). Das ist in so allgemeinen Worten
leicht zu behaupten; aber gehen wir ein wenig in die
Details ein und sehen wir zu, was sich ereignet. Das hinter
den Vorhang gesetzte Medium schläft und sieht eine Gestalt:
— ,,hat Hallucinationen, die es für Wirklichkeit nimmt"
(S. 55). Dann kommt ihm „der lebhafte Wunsch" (denn
es vergisst seine Rolle als Medium nicht?!), dass die
Cirkelsitzer diese Gestalt sehen, — denn das ist ja der
Zweck der Seance. Diesem „seinem Wunsche" gemäss geht
die Gestalt aus dem dunklen Kabinette hervor, um sich den
Zuschauern zu zeigen, — so passirt es ja für gewöhnlich.
Sobald die Gestalt aus dem Kabinet hervorgeht, sieht das
Medium dieselbe nicht mehr, also hallucinirt es nicht mehr,
und in Folge dessen sehen auch die Zuschauer nichts mehr;
— denn das Medium kann ihnen keine Hallucination einpflanzen
, die es selbst nicht mehr hat! Wenn Herr v. ff.
hierauf erwidern wollte, dass die Hallucinntion ein subjectives
Phänomen sei, das sich in die Gehirne der Cirkelsitzer
überpflanze und nicht nbgesperrt werden könne von einem
Kabinet oder einem Vorhange, und dass das Medium sehr
wohl, so zu sagen, auf der anderen Seite des Vorhanges
zu halluciniren fortfahren könne, — so werde ich das
Gegentheil behaupten, denn die ganze In-Scane-Setzung
muss vollkommen der Wirklichkeit entsprechen: das Medium
muss sich im Cabinet hinter dem Vorhange sehen; es muss
überzeugt sein, dass es eine wirkliche Gestalt vor sich hat,
welche es, nachdem sie einmal aus dem Kabinet hinausgetreten
, nicht mehr hinter seinem Vorhang sehen kann.
Wenn es fortführe, sie durch den Vorhang hindurch zu
sehen, so würde das gegen die Gesetze der Wirklichkeit,
wider den feststehenden Gebrauch sein; es würde begreifen,
dass das eine Hallucination sei; und wenn dieser Vernunft-
schluss einmal gezogen ist, so existirt keine Hallucination
mehr. Ueberdiess darf man nicht vergessen, dass, wenn das
„wache ßewusstseinu des Mediums ihm als ,Directive" die
Suggestion (den Gedanken) eingegeben hat, dass während
der S6ance eine Gestalt vor den Zuschauern erscheinen
müsse, dasselbe „wache Bewusstsein" ihm auch eingiebt,
dass es während dieser Erscheinung im Trance hinter dem
Vorhange sein müsse und nichts sehen dürfe, — wie die
Tradition lautet. Als Sklave dieser Suggestion kann seine
Hallucination (wenn dies Hallucination ist) nicht über den
Vorhang hinaus gehen. Somit ist dieses zweite Princip des
Herrn v. H. nach dem eigenen Gesetze der suggerirten
(eingepflanzten) Hallucinationen unmöglich.
Betrachten wir uns das dritte Princip. Wie pflanzt
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