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32 Psychische Studien. XV. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1888.)
Rollen liefert einen Mischmasch phantastischer Behauptungen
, vor dem jede Kritik sich zurückzieht.
Fünftes Princip. Es bezieht sich speziell auf die
Theilnehmer an der Seanee. Diese müssen sich während der
Sitzung in einem Zustande von larvirtem Somnambulismus
befinden; es ist das Medium, welches sie in diesen Zustand
versenkt, denn dieser Zustand ist ihm nothwendig, um seine
Hallucinationen auf sie zu übertragen (S. 55, 56). Es ist
die unvermeidliche Bedingung zur Wahrnehmung des
Phänomens der sogenannten „Materialisation". Was ist
also dieser Zustand des larvirten Somnambulismus? Durch
welches äussere Symptom unterscheidet er sich von dem
normalen Zustande? Durch keins, sagt uns Herr v. H.
(S. 30, 57). Warum wird er denn da somnambul genannt?
Herr v. H. erklärt uns das nicht (S. 30). Wie erzeugt er
sich wenigstens? Das ist sehr einfach. Das Medium zieht
sich hinter den Vorhang zurück, geht in einen Zustand
offenen Somnambulismus über, magnetisirt durch seine
Willenskraft die Beisitzer und entwickelt in ihnen den Zustand
des larvirten Somnambulismus (S. 55, 56, 91). Aber
der Beweis dafür? Er ist klar: sie sehen eine „materiali-
sirtc Gestalt", die nur eine Hallucination sein kann; also
halluciniren sie, obgleich sie nicht schlafen, — folglich sind
sie in einem Zustande larvirten Somnambulismus. Ist das
denn nicht ein Beweis?! .... Vergleichen wir diesen
Vorgang mit dem, was in der magnetischen oder hypnotischen
Praxis geschieht, um eine Hallucination hervorzurufen
. Vor Allem muss das Subject eingeschläfert werden;
es wird zugegeben, dass wenigstens die Hälfte der Menschen
dem magnetischen Einflüsse widersteht, und dass in der
anderen Hälfte die Empfänglichkeit für diesen Einfluss eine
bei Jedermann verschiedene ist; wenn das Subject gefunden
und eingeschläfert ist, so stellt sich ein gewisser B,apport
zwischen ihm und dem Operator her; dieser letztere kann
ihm eine Hallucination eingeben (suggeriren) vermittelst
Worten oder anderer äusserer Mittel; um die fiallucination
aufiiören zu lassen, muss man das Subject aufwecken, und
bei seinem Erwachen erinnert es sich au nichts. — Nichts
dergleichen passirt, wie wir wissen, mit den Theilnehmern
an einer Seance. Es giebt gar keinen Vergleich damit.
Zwar spricht Herr v. H. auch von einem magnetischen
Rapport: — dass „erst ein engerer Rapport zwischen dem
Medium und den Theilnehmern angeknüpft werden muss,
bevor die Transfigurationen und Materialisationen gelingen
können" (S. 91); dieser „Rapport" stellt sich nach seiner
Ansicht her durch häufige Seancen des Mediums mit dem-
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