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Wittig: Etwas vom Sterben.
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IIL Abtheilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Etwas Helles vom Sterben.
In dem Artikel: „Tagebuchblätter eines Sonn-
tagspbilosophen" („Die Grenzboten" Nr. 40 u. 41, 1887)
finden wir „6. Etwas vom Sterben", und zwar: „1. Vom
De nkenansSt erben dessen Leetüre allen spiritistischen
Lesern angelegentlichst zu empfehlen ist. Um zu derselben
anzuregen, geben wir nur den innersten Kern von des Verfassers
Gedanken wieder. Er meint, man gehe heutzutage
den Gedanken ans Sterben möglichst aus dem Wege, während
man sie in vorigen Zeiten fortwähiend sich gegenwärtig
hielt. „Die Stimmung des heutigen Zeitgeistes darf auf der
einen Seite als ein Zeugniss gelten, dass er entschlossen ist,
all seine Kräfte und all sein Streben ungetheilt auf die
gegebene Welt zu richten, in dem gegebenen Leben seine
volle Genüge zu suchen, und das ist gewiss richtig und gut.
Aber dem steht gegenüber eine andere Seite dieser Stimmung,
dass nämlich der Zeitgeist sich immer mehr gewöhnen will,
hinter diesem Leben und dieser Welt, die er wieder in ihr
volles Recht einsetzen will, ein Nichts zu denken, und das
ist weder richtig noch gut. Eben davon soll kurz die Rede
sein, nicht vom religiösen oder philosophischen Standpunkte,
die ich dabei voll und herzlich gelten lasse, sondern vom
Standpunkte eignen Erlebens, das für sich selbst redet." —
Ein solches Erlebniss war für ihn eines Morgens im südöstlichen
Thüringen in der Nähe des Prankenwaldes der
Anblick einer herrlichen Gebirgslandschaft von solcher
Schönheit und Lieblichkeit, dass er zugleich in der Erinnerung
an eine ähnliche Scenerie während seiner Studentenzeit in
Schwaben von einem solchen wonnigen Gefühl vollsten Lebens
durchzuckt wurde, dass ihm dabei zu Muthe wurde, als
möchte er in solcher Seligkeit sterben. Auch seiner Tochter
war ähnlich zu Muthe gewesen. Man muss die nähere Ausführung
dessen und das Folgende im Original-Artikel nachlesen
. Er erinnert schliesslich noch an das bekannte Sprichwort
zum Preise der Schönheit von Neapel: „vedere Napoli e poi
morir" (Neapel sehen und dann sterben). Er meint, diese
„Erfahrung sei wohl zu verwenden als Wegweiser, um das
Seelenleben eben in seine geheime Tiefe zu verfolgen, in
welcher sein eigentlicher Zusammenhang, unmittelbarer, nicht
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