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62 Psychische Studien. XV. Jahrg. 2. Heft. (Fehruar 1888.)
Mirville, der dafür auf die Memoiren der Madame de
Motteville verweist, fügt bei, dass Montagu auf seinen Gedankenbefehl
blutige Buchstaben auf Stirne und Händen
der Priorin sich bilden sah.*) Er ging bald darauf nach
Rom, erzählte dort dem Papste, was er gehört und gesehen,
trat zum Katholizismus über und wurde Priester.
Die Phänomene wiederholten sich noch im gleichen
Jahrhundert in Auxonne. Dort Hess eine ?on den besessenen
Nonnen 1661 auf ihrer Binde, mit grossen,
wie mit Blut geschriebenen Buchstaben, die Namen Jesus,
Maria und Joseph erscheinen; noch einen Augenblick
vorher hatte man die Binde ganz weiss gesehen,**) Auch
über diese Nonne existirt eine Verbalaufnahme, unterzeichnet
von 4 Bischöfen, den Doctoren der Sorbonne und einem
Arzt aus Chalons. DieseProjektion ein es Phantasiebildes
auf eine demOrganismus nicht ang eh örige
äussere Fläche ist nun allerdings schwer glaublich, sie
kommt aber auch im Spiritismus vor. Als bei einer Sitzung,
die ein sehr katholisch gläubiger Arzt veranstaltete, dieser
eben zur Vorbereitung ein Gebet sprach, entstand auf dem
weissen Papier vor ihm eine rothe Immortelle, und daneben
die Namen Jesus und Maria in grossen Buchstaben,***)
Das dritte Beispiel entnehme ich dem berühmten Arzte
Sennert: — Eine unbescholtene fromme Frau von 22 Jahren
verfiel ia eine Krankheit, während welcher sich auf ihrem
Körper verschiedenartige Buchstaben und Figuren bildeten.
Am Morgen des 9. November 1634 fand sie beim Aufstehen
in beiden Händen blaue Flecken, den Arm vom Handgelenk
bis zum Ellenbogen mit mancherlei Bissen bezeichnet,
weiter hinauf Buchstaben, besonders N. B., und zwischendurch
das Zeichen des Kreuzes. Am folgenden Morgen
kamen am Hals, auf der Brust bis zum Unterleib neue
Kreuze hinzu, und binnen 7 Tagen war die ganze Haut
vom Kopf bis zur Ferse damit bedekt. Schliesslich wurde
auch das Gesicht leicht bezeichnet. In den folgenden
Nächten wurden astronomische Bezeichnungen und die der
einfachsten chemischen Präparate, die sie alle wohl
kannte, und mit denen sie sich zu beschäftigen pflegte, auf
ihrem Leibe sichtbar. Als sie am 25. Jänner 1635 bei einer
Nachbarin war und nähte, erschien auf ihrer Rechten eine
Rose, auf ihrer Linken ein Kleeblatt mit der Jahreszahl 1035,
daneben ein Herz, mit Pfeilen durchbohrt, und daneben das
*) Mirville: „Des Esprits/' I. 124. —
**) „Causes cetebres." XI. 278—291. —
***> Perty: „Die Realität magischer Kräfte." —
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