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64 Psychische Studien. XV. Jahrg. 2. Heft (Februar 1888.)
Wer von uns ist heute spiritistisch krank?
Beantwortet von <Sr. C. "Witti^
auf „Die spiritistische Krankheit. Eine Warnung von Wolfg.
Kirchbach" in „Vom Fels und Meer" Heft XII, 1886—87.
(Septemberheft 1887). Berlin und Stuttgart, W. Spemann.
III.
(Fortsetzung von Seite 22.)
Doch da wendet uns Herr Kirchbach weiter ein: —
„Wir dürfen von der religiösen Seite unserer modernen
spiritistischen Seuche (sie!) ganz absehen und uns an ihre
sogenannte wissenschaftliche Seite halten. Da ist es
denn bezeichnend, dass allüberall noch das ironische Wort
Kaufs gilt gegenüber dem Geisterglauben: 'Ich weiss also
nicht, ob es Geister gebe, ja, was noch mehr ist, ich weiss
nicht einmal, was das Wort Geist bedeute/ —
Gegenüber dieser Aeusseruug Kaufs ist eine eigentümliche
Beobachtung zu machen. In zahlreichen Schriften der
neuesten Spiritisten wird Kant fortwährend citirt und als
Gewährsmann für die Theorien dieser Schule (sie!) in
Anspruch genommen. Du Prel in seiner Thilosophie der
Mystik' beruft sich öfters auf Kant, auf die 'Träume eines
Geistersehers' und andere Schriften desselben. Viele Laien
sind irre geworden, indem eine Sache, welcher Kant angehangen
habe, doch wohl ernst zu nehmen sei. Thatsächlich
aber hat Kant einen fortgesetzten Kampf gegen alle Geister-
seherei und den damit zusammenhängenden Unfug geführt; er
nennt in seinen 'Träumen eines Geistersehers' Swedenborg^
'Arcana coelestia' ,acht Quartbände voll Unsinn'; er pole-
misirt in seiner 'Anthropologie' bei jeder passenden
Gelegenheit gegen allen Spiritismus. Einige Verwirrung
stiftete ein Brief Kaufs über Swedenborg an Fräulein von
Knobloch, welchen auch Zöllner (Wissenschaftliche Abhandlungen
) glaubte als ein günstigeres Urtheil Kaufs über
Swedenborg und seine Geistergeschichten ansehen zu sollen.
Aber dieser vielbesprochene Brief ist voller Ironie, ist für
jeden, der ihn unbefangen liest, und der Kaufs weltmännische
und diplomatische Art sich zu äussern kennt, nur der Beweis,
dass Kant niemals seine Ansicht in der Sache geändert hat.
Wenn er schreibt: — 'nicht als ob ich vermeinet, die
Unmöglichkeit davon eingesehen zu haben (denn wie wenig
ist uns doch von der Natur eines Geistes bekannt!)', so
beweist die Parenthese, welche heitere, ironische Stimmung
den Schreiber des Briefes bewegte, der gegen den Schluss
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