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120 Psychische Stadien. XV. Jahrg. 8. Heft (März 1888.)
„Damit man neben der ersten Art von Ursachen auch
noch die zweite gelten lasse, müsste sich nun doch der
Spiritismus gedrungen fühlen, seine ganze Kraft daran zu
setzen, um genau die Grenzlinie zu bestimmen, jenseits
welcher die Erklärungsfahigkeit der ersten Art von Ursachen
aufhört, und um mit der sorgfältigsten Kritik zu beweisen,
warum ihre Zulänglichkeit jenseits dieser Grenzlinie aufhört.
So lange diese Grenzbestimmung und dieser Beweis nicht
erbracht ist, ist die dem Behauptenden obliegende ßeweislast
für die Mitwirkung der zweiten Art von Ursachen ungehoben;
der Spiritismus hat aber noch nicht den leisesten
Versuch gemacht, sich dieser Aufgabe zu entledigen.44
(S. 118.)
Es ist unmöglich, etwas gegen diese drei „Grundsätze41
einzuwenden; sie sind wohl „absolut unangreifbar44, wie Herr
v. H. selbst in seinem Briefe an Mr. Massey sagt (s. „Light"
3885 p. 432.)*) Aber es giebt noch ein viertes methodologisches
Princip, welches Herr t>. H. nicht verkündet hat,
und dieses lautet: — Jede Hypothese oder Theorie, welche
zur Erklärung von Phänomenen eines gewissen Gebietes
aufgestellt wird, muss den ganzen Oomplex der Phänomene
dieses Gebietes umfassen. — Ich glaube, dass Herr v. ß.
seinerseits dieses methodologische Grundgesetz für gleich
„unanfechtbar" erachten wird.
Sehen wir nun zu, ob Herr v. ff, selbst diesen Principien
bei seiner Untersuchung des Spiritismus treu geblieben ist?
Es scheint, dass er denselben treu geblieben zu sein glaubt,
denn er versichert uns dessen in der bestimmtesten Weise:
— „Anderseits haben wir gesehen, dass lür das unbefangene
kritische Urteil in dem durchwanderten Gebiet mit Ausnahme
des eigentlichen Hellsehens nicht der leiseste Anlass zum
Ueberschreiten der natürlichen Erklärungen gegeben ist,
und dass der Schein des Gegentheils auf einer psychologisch
zwar erklärlichen, aber wissenschaftlich unhaltbaren
Täuschung beruht." (S. J06.)
Ist das wohl gerechtfertigt? Eine „Ausnahme", wie
wir so eben gesehen haben, macht Herr v. H. selbst, und
wir werden in der Folge darauf zurückkommen. Aber ist
es die einzige? Ist es wirklich war, dass das Gegentheil
nur „Schein" und „Täuschung" ist? Meinerseits behaupte
ich-, dass „der Anlass zum Ueberschreiten der natürlichen
Erklärung" gegeben ist, und zwar auf die positivste Weise.
Es giebt in der Keihe der physikalischen Phänomene des
*) Deutsch in »Psych. Stud.« Jan.-Heft 1886. S. 15 ff. —
Der Uebersetzcr Gr. C. Wittig.
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