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148 Psychische Studien. XV. Jahrg. 4. Heft. (April 1888.)
Hand wirkt kühlend auf Sensitive, wärmend auf das
Thermoskop; Sonnenstrahlen kühlend auf Sensitive, wärmend
auf das Thermometer. Mondstrahlen werden warm empfunden,
vom Thermoskop aber fast gar nicht angezeigt; Gluth und
Flammen von brennenden Körpern erwärmen das Thermometer
, während die sensitiven Nerven Kühle davon empfangen;
chemische Prozesse, die am Thermoskop Wärme anzeigen,
sind für Sensitive mit Kältegefühl verbinden.1) Aus allen
diesen Erscheinungen schliesst v. Reichenbach, dass Wärme
und Od grundverschieden sind.2)
Da nun diese Untersuchungen noch immer auf dem
Punkte stehen, wo Reichenbach sie gelassen hat, bin ich nun
genöthigt, einen grossen Sprung zu thun zu jenen Phänomenen,
wo die Wärmestrahlen nicht nur nicht empfunden werden,
sondern ihre physikalische Wirksamkeit aufgehoben wird.
Diese Feuerfestigkeit, so unerklärlich sie ist, dürfte doch
in der Yerlängerungslinie der erwähnten sensitiven
Phänomene liegen, da sie in somnambulen Zuständen
vorkommt, die als eine Steigerung der Sensitivität sich
darstellen, in welchen also die Empfindungsfähigkeit für
Wärmestrahlen überwogen wird durch die für Odstrahlen.
Jamblichus, bei dem die Sache schon vorkommt, trifft
auch schon die Unterscheidung zwischen Unempfind-
lichkeit für Feuer und eigentlicher Feuerfestigkeit.
Er sagt: — „Viele Gottbegeisterte werden vom Feuer nicht
verbrannt, denn der innerlich begeisternde Gott lässt sie das
Feuer nicht ergreifen; viele auch, wenn sie verbrannt werden,
haben keine Empfindung davon, weil sie dann kein thierisches
Leben führen."3) — Es schwebte ihm also bereits die
Hypothese einer Paralysirung der Wärmestrahlen durch eine
psychische Kraft vor, wobei dann die Gradunterschiede der
Ekstase darüber entscheiden werden, ob zur Unempfindlichkeit
noch die Unverletzbarkeit hinzukommt. Die erstere
kann vorhanden sein ohne die letztere. So bei jener Somnambulen
, der eine glühende Kohle in die Hand gelegt und
angefacht wurde, bis die Haut darunter rauchte, ohne dass
sie Schmerz empfunden hätte oder erwacht wäre. Nach dem
Erwachen aber beklagte sie sich bitter über die Brandwunde
.4)
Graf Szapary berichtet von einer Somnambulen: — „Sie
zündete einen Brief am Kerzenieuer an, legte ihn, als er
Ders.: — „Die Dynauiide." II. 9,
2) Ders.: — „Die Dynamide." IL 10. — „Odisch-magnetische
Briefe." 114.
3) Jamblichus: — „De myst. Aegypt." III. 4.
4) Fischer: — „Der Somnambulismus." III. 17.
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