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Prof. Schlesinger: Die geistige Mechanik der Natur. 177
sittlichen Ordnung und Vollkommenheit. Im ersten Falle
heisst sie Physikotheologie, im letzteren Moraltheologie." —
Der Weg, den ich im Universalismus betrete, um wo
möglich den physisch-theologischen Beweis zu verstärken, ist
der, dass ich in der Eeihe der einander bedingenden
Phänomene herab bis zu demjenigen gehe, welches schlechter-
dings nicht mehr als ein Bedingtes erkannt werden kann,
somit das Schlechthin-Unbedingte ist und selbst kein Glied
jener Reihe mehr ist, sondern die Ursache, dass diese Reihe
besteht. Und dieses Schlechthin-Unbedingte ist Gott.
Wenn wir alle Naturvorgänge auf die Bedingung hin
untersuchen, wodurch sie zu Erscheinungen werden, so treffen
wir auf die Bewegung als die letzte Erscheinung, deren
Bedingung noch nicht erforscht ist. Ausser uns, die wir
wahrnehmen, die wir uns selbst gar nicht erkennen, also
nicht wissen, wie es kommt, dass wir wahrnehmen, giebt es
Wahrnehmbares, und bis zu einer gewissen Grenze hinab
sind wir für uns selbst ein Aeusseres, das Objekt der Wahrnehmung
ist, Diese Wahrnehmung erkennt die Dinge der
Wahrnehmung als nebeneinander bestehend, d. h. als räumlich
an und erkennt eine Veränderung in der Art des Nebeneinanderseins
, d. h. eine Bewegung, ohne welche selbst
die Wahrnehmung nicht bestehen könnte; denn mindestens
müsste sich unser unbekanntes Ich bewegen, um zur Er-
kenntniss des Seins der Dinge ausser ihm zu gelangen.
Ich verfolge also die Bewegung und fühle mich nicht
befriedigt, wenn der Physiker sagt, die Ursache derselben
sei wieder Bewegung. Auch erachte ich mich nicht für
befriedigt, wenn der Physiker behauptet, ein Körper verharre
durch ein eigenes Vermögen im Zustande der Ruhe oder
der Bewegung, den er jeweilig besitzt, so lange ihn nicht
eine neue Ursache in diesem Zustande stört. Es ist wahr,
dass die Thatsache eines solchens Verhaltens besteht, aber
es ist nicht einzusehen, dass ein Körper das Vermögen
haben sollte, von selbst jene Bewegung fortzusetzen, die er
eben besitzt, wie er es anstellt, dass er aus eigenem Antriebe
alle die Orte verlässt, an welche er während der Bewegung
gelangt, und ebensowenig ist es einzusehen, dass er seine
Bewegung selbst abändern oder sogar zur Ruhe gelangen
könne. Es muss für jeden Fall eine Ursache vorhanden
sein, die seinen Zustand bedingt, von welchem Zustand nicht
eingesehen werden kann, dass ihn der Körper selbst bedingt.
Ist ein Körper frei von aller sinnlich erkennbaren Berührung
mit andern Dingen und im Zustande einer geradlinigen
und gleichförmigen Bewegung, so muss eine Bedingung bestanden
haben, durch welche er in Bewegung kam, und es
Psychische Stadien. April 1888. 12
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