http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1888/0263
Wittig: Wer von uns ist heute spiritistisch krank?
257
Verstorbenen ähnlichen, ä la Ruprecht verkappten
Menschen, die nur deren Bolle spielen! Nun befindet
sich tinter den Beweisstücken für ihre Echtheit auch die
photographische Aufnahme derselben. Es fragte sich
nun für den Schreiber dieses: — Ist für eine transcendentale
hallucinatorisch - illusionäre und für eine transcendentale
visionäre Geisterscheinung eine photographische Aufnahme
nicht vielleicht ebenso möglich, wie für solch' eine angeblich
sinnlich-wirkliche transcendente? — Von letzterer giebt es
sogenannte Geisterphotographien, von ersteren
beiden bis jetzt noch nicht. Schreiber dieses schlussfolgerte
nun so: — Sind letztere Gestalten wirklich transcendent,
so können und müssen sie sich doch auch mit der trans-
cendental-visionären decken. Wären beide identisch,
so liesse sich auch letztere am Ende ebenso gut photo-
graphiren, wie ein realer Gegenstand unserer Sinnenwelt,
um so sicherer, da ja angeblich solche transcendente Geistergestalten
von ihren Medien oft vorher visionär gesehen
werden, ehe sie in die wirkliche Erscheinung treten. Polglich
könnte die Photographie das, was man bisher eine blosse
Hallucination und Vision nannte, auch als eine ebenso reale
Wirklichkeit sichtbar erscheinen lassen, wie ja vieles unseren
Augen noch Unsichtbare durch dieselbe Photographie gegenwärtig
sichtbar gemacht wird, wie z. ß. eine noch verborgene
Blatterkrankheit, ehe dieselbe ausbricht, Sterne und Sternennebel
, welche bisher kein Teleskop enthüllte. Und in
diesem Sinne könnte eine hinter einer sogenannten
Hallucination oder Vision stehende transcendente
geistig-leibliche Wesenheit immerhin photographirt werden.
Da war es der Herr Herausgeber dieses Journals,
welcher diesen Gedankengang dadurch zu widerlegen suchte,
dass er zuerst „das Photographiren einer Hallucination" für
unmöglich, ja für ganz unlogisch erklärte und dadurch in den
Augen Vieler und selbst einiger Mitglieder der „Münchener
Psychologischen Gesellschaft" auch schon als ganz absurd
und lächerlich erwiesen zu haben schien.*) Herr Aksakow
hatte aber wohl schwerlich dieses von spiritistischen Gegnern
so freudig begrüsste Ziel der Lächerlichmachung seines
Mitarbeiters im Auge, da er sich ja durch Bestreitung dieser
Möglichkeit selbst widersprochen haben würde; sondern
er wollte meines Erachtens photographirte wirkliche
Materialisationen leibhaftig sinnlicher Natur nur nicht in
blosse hallucinatoiische Einbildungen oder unwesenhafte
*) Vergl. „Psych Stud." Decrujber-Heft 1884 S. 564 ff. und
Januar-Heft 1885 b. 15 ff. 8. 17 lu
Psychische Studien. Juni 1888. 17
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1888/0263