http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1888/0302
I
296 Psychische Studien. XV. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1888.)
Kriterium der Unterscheidung zwischen einem
materialisirten Geiste und einem wirklichen Menschen.
Vorläufig halte ich noch an der von M. A. {Oxm) gegebenen
Unterscheidung zwischen echten und unechten
Geistgestalten fest, die wir „Psych. Stud." 1882 S. 145 ff.
und Januar-Heft 1885 S. 17 ff. als von Dr. Morrow stammend
citirt finden. Hiernach sehen die echten Geistmaterialisationen
visionären Hallucinationen täuschend
ähnlich, alle grob-sinnlichen Gestalten aber erscheinen
als höchst verdächtig!
Die Entscheidung dieser höchst complicirten Frage
ist offenbar der nächsten Zukunft vorbehalten. Herr
Kirchbach sucht aber dieselbe in allernaivster Weise herbeizuführen
. Er sagt: —„So haben wir eine Photographie
hergestellt, welche ein Phantom darstellt, das, wie von
einem Winde getrieben, durch ein Zimmer zu schweben
scheint. Man meint deutlich einen Kopf, Arme, Oberleib
und Unterleib zu unterscheiden; es scheint aus irgend einer
Lichtmaterie zu bestehen, denn es gleicht einem weissen
Rauch. Jedermann, der diese Photographie gesehen hat,
findet sie über die Maassen gespensterhaft; man meint, einen
Schädel als Haupt zu sehen, man sieht deutlich wie bei
einem Frauenwesen den Unterkörper ausgebogen, und die
Photographien, welche in spiritistischen Zeitschriften als
'Geisterphotographien' fungiren, zeigen dieselben Merkmale.
Es hat noch jeder Beschauer sich höchlich verwundert über
dieses ganz wunderbare 'Phantom' (im Holzschnitt dargestellt
S. 1223 in „Vom Fels zum Meer" Heft 12, 1886-7.)« —
„Wir haben es (das Phantom) sehr einfach hergestellt.
Wir nahmen ein Stück altes Zeitungspapier, in welches wir
zwei Löcher schnitten (die Augenhöhlen des Schädels), und
das wir ein wenig abrundeten. Dieses Stückchen Papier
wurde an einen Stab befestigt, den wir schräg in den
Sehkreis des photographischen Apparates hielten. Einen
Augenblick wurde das Papier (das nicht mehr als einen
Fuss Durchmesser hatte) still gehalten, um den Kopf auf
der photographischen Platte deutlich werden zu lassen.
Dann wurde langsam das Papier am Stäbchen in einer
Bogenlinie, welche ungefähr die Gestalt eines menschlichen
Körpers nachzeichnete, nach unten zu aus dem Sehkreis des
photographischen Apparates weggezogen. Jeder Photograph
weiss, dass auf dem Negativ der Platte eine schwarze Gestalt
erscheint, welche dann auf der Photographie als Lichtwirkung
kommt.
„Ganz nach derselben Methode ist die überwiegende
Mehrzahl der Geisterphotographien hergestellt, welche unter
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1888/0302