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Prof. Schlesinger: Die geistige Mechanik der Natur. 325
besser geschienen, in der Natur ein „Unbewusstes"
herrschen zu lassen, aus dem heraus auch der Mensch sich
entwickelte, weil sie dann doch an keine intelligente, allwissende
Macht über sich zu glauben gehabt hätten, was
ja dem Bewusstsein mancher Menschen abträglich erscheinen
müsste. Denn, sagt man „unbewusste Natur" oder „Unbewusstes
", so bleibt man doch wenigstens das erhabenste
Wesen der Natur durch sein Selbstbewusstsein, wenngleich
die Frage, wie denn Bewusstsein aus Unbewusstem hervorgehen
, wie denn das Unbewusste so eherne Naturgesetze
schaffen konnte, die wunderbar harmonisch ineinander eingreifen
, — eine weitaus unbefriedigendere Antwort in Aussicht
stellt, als wenn man das Zwischenwunder der Entstehung
des Bewusstseins aus Unbewusstem doch lieber beseitigt
und gleich anerkennt, es bestehe eine höchste, sich ihres
Thuns bewusste Intelligenz, und auch die „natürliche"
Zuchtwahl sei ihr Werk.
Wenn man nun dieser Anerkennung sich ergiebt und
der Ansicht des Universalismus beipflichtet, dann steht man
doch dem Urgrund der Dinge ganz nahe; denn hier ist ja
das allgegenwärtige Wesen des Raumes die selbstbewusste
Quelle aller Intelligenz der gesammten Natur, die erhabene
Quelle alles Sein's. Allerdings sinkt die Höhe eingebildeter
Menschen hierdurch tief hinab; jeder Stolz auf
praktische wie auf wissenschaftliche Leistungen wird nichtig;
jedweder Dünkel der Menschheit zerfliesst in Nichts vor
der Macht des allgewaltigen Gottes.
Auf die Darwin- Wallace'sche Theorie der Zuchtwahl im
Thierreiche seinen Blick gewendet, welche Wahl ihre
Wirkungen bis zum Menschen erstreckt, sieht man Gottes
waltende Macht auch im Einzelnen, und nichts kann den
Vernünftigen zu der Ansicht bestimmen, der Mensch, dem
Gott schon einen Theil seiner freien Macht gesetzlich verlieh,
sei zu wenig, als dass sich ein allmächtiger Gott um ihn
bekümmere. Mit Recht kann der Mensch auf diesen allgegenwärtigen
Lenker der Welten vertrauen; und richteten
die Menschen nur ihr Leben nach dem Grundsatze ein, dass
kein Thun, auch nicht der leiseste Gedanke, Gott entgeht,
ja nur Ausfluss seiner selbstgewollten Beschränkungen ist;
und beherzigten sie den weiteren Grundsatz, dass Seele umf
Geist das eigentliche „Ich" im Menschen sind; dass Seek
und Geist sich bei dem Tode des physischen Leibes von
diesem trennen, im unendlichen Räume in einer ätheren Welt
ihre Weiterentwickelung finden und die Folgen ihrer mangelhaften
lntelligenz-Entwickelung nach einem sittlichen Causal-
gesetze tragen werden: dann würden die Leiden des physischen
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