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400 Psychische Studien. XV. Jahrg. 9. Heft. (September 1888.)
verböserter? — Bei] Fassung enthielt. Dadurch fällt auf
die Entstehung dieser Kurlegenden ein neues Licht, und die
Ungleichheit nicht des Stiles (denn er ist ziemlich stereotyp),
aber der Erfindung, indem Witziges und Albernes, Naives
und Geklügeltes dicht neben einander steht, findet ihre Erklärung
. Neben dem allgemeinen Interesse, das die Geschichte
dieser Legend« für die Geschictte der Mythologie
überhaupt hat, fällt daraus ein Licht auf die Organisation
der Asklepiadenzunft. Dass die ausübenden Aerzte Söhne
des Asklepios oder Asklepiaden genannt wurden, wussten
wir lange. Hier in den 'lamata' (Heilberichten) treten sie
selbständig als die Operateure neben die Priester, welche
die Vorbereitungen zu leiten und für den Nimbus zu sorgen
hatten. Die Asklepiaden sind die wirklich medizinisch Gebildeten
, sie tragen die Verantwortlichkeit. Wenn also etwas
schief ging, so war natürlich nicht Asklepios schuld, sondern
seine Söhne, oder — der Patient der die vorgeschriebenen
Oeremonien, das Fasten, Baden, Beten und Opfern, nicht
peinlich genug beobachtet und die Priester und Priesterknechte
bis auf den Badeknecht herab nicht reichlich genug
bedacht hatte. U. s. w." —
Wie können wir nach dem Vorausgeschickten, besonders
mich der von uns mit gesperrter Schrift hervorgehobenen
Stelle, noch annehmen, Herr Biels gebe uns ganz genaue
Berichte über die stattgehabten wirklichen Vorgänge, über
die er sich auf Kosten des von du Prel als Erklärung
hervorgehobenen somnambulen Tempelschlafes
lustig zu machen sucht, und nicht bloss über die wundersamen
Heilberichte selbst, die er gar nicht einmal genau versteht,
wenn er als praktischer und schriftstellernder Arzt das
Kopfabschneiden und Bauchaufschneiden im somnambulen
Traume seinen Lesern als ein wirkliches operatives Kopf-
absclmeiden u. s. w. vorzuspiegeln sich erdreistet, was in
jenen Berichten ja gar nicht behauptet ist! Wir erstaunen
billig darüber, daas er das für wirklich ausgeführt sein
sollende Operationen und nicht für blosse Berichte der
während des Tempelschlafes stattfindenden Träume oder
Visionen der Heilungsuchenden erkennt. Und das nach
seinem eigenen, kurz vorher S. 40—41 mitgetheilten Falle: —
„2t. Arata aus Sparta, wassersüchtig.
„ Während diese in Sparta bleiben musste, hielt ihre
Mutter an ihrer Statt den Tempelschlaf. Sie hatte folgenden
Traum. Es däuchte ihr, der Gott habe ihrer Tochter den
Kopf abgeschnitten und den Körper aufgehängt, den Hals
nach unten. Nachdem viel Flüssigkeit abgelaufen, habe er
den Körper abgenommen und den Kopf wieder auf den
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