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420 Psychische Studien. XV. Jahrg. 9* Heft. (September 1888.)
und weit hin sich ziehende Duftwolke bis zum letzten Duft-
stäubchen Lebensaroma hinter sich lässt im unsichtbaren
Aether. Da sich durch die ganze Natur hindurch Alles
individualisirt vom Krystall bis zu den Wolken und Gestirnen
, und vom kleinsten Lebewesen bis zum Menschen,
so dürfen wir getrost annehmen, dass unsere Seele nach
dem Tode sich ebenfalls in ihren übersinnlich verfeinerten,
verwandten Atomen wieder zu einer neuen Einheit wolkenartig
zusammenziehen werde zu einem verklärten geistigen
Leibe. — Doch auch die sieb auflösenden Bestandteile des
die Erde wieder mitdüngenden Halmes werden noch, wie
der verwesende menschliche Körper, bei ihren chemischen
Zersetzungen sich sicher wieder an die nächst verwandten
chemischen Atom- und Molekül-Gruppen anschliessen. Also
den Zug, die Hinneigung zur bestimmten, wenn auch neuen
Individualität unserer Seele dürften die im todten Körper
zurückbleibenden Kräfte sicher niemals ganz verlieren. Es
wird deshalb ein un zerr eissbar er, wenn auch unendlich loser
Zusammenhang zwischen der früheren und folgenden Einheit
bestehen bleiben können, wie ja auch ein inniger Zusammenhang
von der Entwicklung eines Kindes bis zum Greisenalter
hin trotz grösster Verschiedenheit der äusseren Erscheinung
und inneren Bethätigung der verschiedenen Altersstufen
fortdauert Aber diese Auferstehung des geistigen
Leibes wird sofort mit dem irdischen Tode, und nicht
aus den Särgen und Gräbern erst an einein jüngsten Tage
stattfinden, an dem sich die so Auferstandenen ja nur versammeln
sollen beim Herrn zum Gerichte nach 1. Thessa.
4, 12 bis 17; Rom. 14, 10; L Kor. 15, 52 ff.
Am 31. August 1887 widmet ein trauernder Bräutigam
im „Leipziger Tageblatt" 3. Beil. Nr. 244 vom 1. September
1887 seiner verstorbenen heissgeliebten Braut folgenden
treuliebenden und wohl auf Grund der ebenfalls von einem
mir selbst als tüchtiger Redner bekannten protestantischen
Geistlichen am Grabe gespendeten Trostworte verfassten
Dank und Nachruf: —
„Wenn Menschen auseinander gehn,
So sprechen sie: Auf Wied ersehn!
Doch wenn der kalte Tod sich naht,
— Wie es bestimmt in Gottes Rath, —
Dann giebt es erst ein Wieder sehn
Bei dem dereinst'gen Auferstehn;
Bis dahin schlumrare sanft fortan:
Was Gott thut, das ist wohl gethan!" —
Hiernach sähen sich die Seelen oder Geister der Verstorbenen
in ihren neu angenommenen, oder noch anzunehmenden
, verklärten Leibern erst am jüngsten Tage,
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