http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1888/0431
Wittig: Giebt es eine Auferstehung des Leichnams etc.? 425
wird. Und ist schliesslich nicht vielleicht unsere ganze Erde
nur ein Blutkügelchen im himmlischen Geäder des universalen
Organismus ? Und welches Wort Christi stände dieser
alltäglichen Naturbeobachtung näher, als das bei Luk. 12, 57
befindliche: — „Wie aber? Erkennet ihr nicht, auch an
euch selbst, was wahr ist?" — Ferner: — „Gott ist nicht
ein Gott der Todten, sondern der Lebenden". {Mark. 12, 27.)
„Ich bin das lebendige Brod . . ♦ Ich bin das Brod des
Lebens". (Joh. 6, 48, 51.) — „Der Geist ist's, der lebendig
macht; das Fleisch nützet nichts. Die Worte, die ich zu
Euch gesprochen habe, sind Geist und Leben". (Joh. G, 64.) —
„Ich bin — der Weinstock, ihr seid die Reben". (Joh. 15, 5).
— „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es sey denn, dass
das Waitzenkorn in die Erde falle und ersterbe, so
bleibet es allein; wofern es aber erstirbt, so bringt es
viele Frucht." (Joh. 12, 24.) — Vergl. damit Paulus, 1. Kor.
15, 35—56! — Stimmen Christi und St. Pauli Aussprüche
denn nicht genau mit der Beobachtung der Natur überein?
Nur aus solcher Selbsterfahrung, sei es an der äusseren oder
eigenen inneren Natur, vermögen wir volle Gewissheit und
Sicherheit des Glaubens an Höheres zu gewinnen, und somit
zuerst an unserer mit der göttlichen vereinten Seele, und
richtig verstanden auch an unseres bald so oder so geformten
Leibes, Unsterblichkeit. Und hier dürften sich auch
manche gut verbürgte Erfahrungen im Spiritismus anschliessend
um den Blick offen zu erhalten für das nicht
bloss Mögliche und Wahrscheinliche, sondern für das allem
sinnlich Wirklichen zu Grunde liegende Essentielle, das
(ür uns sowohl transcendental als transeendent, d. h. nur zum
kleinsten Theil erfassbar und schliesslich gar nicht mehr
erreichbar für unsere irdischen unvollkommenen Sinne ist
und bleiben wird alle Zeit! — Denn wozu gäbe es dann eine
ewige Unendlichkeit und unendliche Ewigkeit für den Geist ? —
Dass aber unsere so vielfach als ungläubig verrufene
Zeit sich dennoch mit diesen Lebens- und Todes-
Räthseln und deren Lösung mehr befasst, als wir voraussetzen
, beweist nicht bloss die Eingangs dieses unseres
Artikels (I.) erwähnte sonderbare Geschichte von Max
Kretzer, sondern auch eiue bereits vorher in den „Grenzboten
" vorigen Jahrgangs und nun als besondere Broschüre
erschienene Weihnachts-Geschichte: — „Gevatter Tod"
von L. Budde (Leipzig, Grunow, 1887) 8°, 2 Mk. 40 Pf.,
deren trefflichen Inhalt wir unseren Lesern ebenso wie des Anfang
Juli er. verstorbenen Meisterschriftstellers Theodor Slormh,
des noch lebenden Wilhelm Baabe* s, Gottfried Keller% Wilhelm
Jensen^ oder Conr. Meyer'% tiefgegründete psychologische No-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1888/0431