Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
15. Jahrgang.1888
Seite: 430
(PDF, 149 MB)
Bibliographische Information
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430 Pyschische Studien. XV. Jatirg. 9. Heft. (September 1888.)

Bruder*, sagte Anna mit ihrer milden Stimme, 'verliere doch
nicht in deiner Jugend die Hoffnung! Du bist doch noch
im blühenden Alter, du steigst doch den Berg des Lebens
erst hinan und bist noch weit entfernt von dem Gipfel, wo
der Schnee liegt. Steige noch muthig" weiter, und du wirst
bald eine Aussicht gewinnen, wo zu deinen Füssen eine
liebliche Landschaft sich ausbreitet, die du nur jetzt nicht
siehst. Wer wollte so früh schon am Leben verzweifeln ?*
— 'Nein, nein,1 sagte er, indem er eine Hand abwehrend
ausstreckte, 'ich werde nichts Erfreuliches mehr sehen. Die
Welt liegt ganz schwarz vor mir. Wie wollte ich im späteren
Alter das Glück erreichen können, wenn ich es schon in
meinen jungen Jahren nicht habe fesseln können. Man
sagt, der schnellste Reiter sei der Tod, aber das ist nicht
richtig. Viel schneller ist das Glück, und wer es in der
Jugend nicht hat einholen können, der wird es im langsamen
Alter gevriss nicht erreichen1. — *0 nein, friedrich, du hast
unrecht', sagte sie. 'Es eröffnen sich in unserem Leben oft
Ausblicke, an welche wir gar nicht gedacht haben. Der
Mensch kommt mir in seinem Lebenslaufe wrie ein Pilger
vor, der die Wendeltreppe eines Thurmes hinansteigt.
Erinnerst du dich noch, wie es uns erging, als wir damals
mit den Eltern die Rheinreise machten und in so manchen
Domen emporkletterten? Die Treppe windet sich wie eine
Schlange, bei der jede Schuppe eine Stufe bildet. Bald nach
den ersten Drehungen hört das Licht von der Thür her auf,
und man ist im Dunklen. Der Schatten der Häuser, über
die wir noch nicht hinausgestiegen sind, lässt das Sonnenlicht
nicht durch die Luftlöcher hereinfallen, und wir haben mehr
das Gefühl, in einen Kerker zu steigen als in den prächtigen
Thurm, der von unten mit seinem feinen steinernen Spitzenschmucke
so leicht und luftig aussah. Eine feuchte, kalte
Luft schlägt uns entgegen, und wir müssen uns überwinden,
weiter zuklettern. Noch einigemal dreht sich die Treppe, und
wir sehen durch schmale Kreuzfensterchen goldenen Sonnenschein
hereinlugen, sehen auch die Schornsteine und Giebel
der Häuser; noch ein bisschen höher, und wir sehen die Stadt
zu unsern Füssen, ein Gewirr von Dächern und Spitzen, und
Ecken und lange Einschnitte, welche Strassen sind, und das
alles so lustig von der Sonne erleuchtet. Nun noch höher,
und wir treten auf die Plattform hinaus und sind wie geblendet
von der Schönheit um uns her. Die ganze Stadt
übersehen wir, und in den Strassen dort unten lebt es von
Menschlein, und jenseit der Stadt fliesst der glänzende Rhein,
und die grünen Gefilde, die blauen Berge dort hinten lachen
uns an. Und oben wölbt sich der strahlende Himmel, und


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