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Wittig: General Ernst von Pfuel als Spiritist.
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graphiren betrieben, für Teufelswerk erachtet wurden
und ihn noch mehr in Misscredit brachten, besonders seit
der Zeit, da der König feierlichst erklärt hatte: — „Ich
und mein Haus wollen nur dem Herrn dienen«, — und sich
zuletzt ganz im Banne der streng orthodoxen Richtungen
befand.
Den so eben, da ich diese Zeilen entwerfe, am 9. März 1888
dahingeschiedenen greisen Kaiser Wilhelm, den Nachfolger
seines in jeder Beziehung eben so unglücklichen Bruders,
als Hochderselbe in allen politischen Beziehungen glücklich
war, müssen wir jedoch von der Muthmaassung ausnehmen,
dass er gegen General von Pfuel allein religiöse Motive
als Gründe seiner weiteren Ungnade hätte hegen können.
Diese Gründe können wohl nur, wie bereits angedeutet, in
militärischen Differenzen ihre Wurzel gehabt haben.
Der damalige Prinz von Preussen galt sonst für religiös
tolerant Dr. Ferdinand Kampe berichtet uns in seiner
„Geschichte der religiösen Bewegung der neueren
Zeit" (Leipzig, Otto Wigand, 1852—1860 4 Bde.), im 1. Bande
S. 162, dass „auch der Prinz von Preussen — in den Gemächern
seines Schlosses — Gelegenheit fand, den damals
berühmten Johannes Ronye*) auf seiner ersten Rundreise
durch Deutschland zu sehen und sich vorstellen zu lassen"
am 30. März 184b! Freilich ward er aus einem vorläufigen
Bewunderer Ronge's noch lango und schon deshalb kein
Anhänger desselben, weil die allzustrengen Maassnahmen
seines königlichen Bruders gegen die von Range durch
Preussen und ganz Deutschland bis nach Amerika hinüber
gestifteten christkatholischen, später freireligiösen Gemeinden
letztere, oder vielmehr deren HLiuptführer, auch in die
politische Opposition des Jahres 184K gegen das Königthum
bloss von Gottes Gnaden förmlich hineindrängten. Es lese
nur aufmerksam Dr. Kampe's vorgenannte ^Geschichte-' mit
ihren ganz objectiven Saehdarstellungen, wer jene Zeit nicht
selbst mit durchzukämpfen hatte. Als König Wilhelm zur
Regierung kam, war das Werk der Zerstörung dieser Gemeinden
durch seinen Bruder oder vielmehr dessen nur
allzu willfährige Organe bereits vollendet. Vielleicht ist es
aber ein Zeichen einer wiederkehrenden gnädii>eren Gesinnung
gegen des so schwer verkannten Generals Nachkommen
, dass ein Hauptmann von Pfuel den Enkelsohn und
zukünftigen Thronerben des schwer um seinen einzigen Sohn
besorgten greisen Kaisers Wilhelm als persönlicher Adjutant
*) Derselbe ist bekanntlich ara 26. Octoher 1887 zu Wien gestorben
und feierlich in Breslau beeidigt worden.
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