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492 Psychische Studien. XV. Jahrg. 11. Heft. (November 1888.)
„An der suggerirten Stelle eine 5,5 cm lange, 4 cm
breite, unregelmässig gestaltete Platte, an welcher die Horn-
schicht der Haut losgelöst und noch durch am Rande der
blossgelegten Fläche hängende Fetzen erkennbar ist. An
den Rändern ist diese Platte feucht, während der mittlere
Theil noch von dem Rest der Hornschicht bedeckt ist, die
sich sehr trocken anfühlt und gelblich aussieht. Die unmittelbare
Nachbarschaft der Platte ist geröthet. Von dem
rechten Rand derselben geht ein 4 cm langer, 2 cm breiter
Schenkel schief nach rechts unten, ein 3 cm langer nach
rechts oben. Auch auf diesem Schenkel ist die Oberhaut
gelockert, leicht abzi^hbar und nässt die unterliegende
Hautschicht Die Umgebung der Schenkel ist geröthet,
jedoch ohne alle Spur von Entzündung."...
„26. Februar. — Die Platte von gestern stellt eine
pergamentartige, trockene Fläche dar. Die beiden Schenkel
sind epidermislos und hyperämiseh.'*...
„29. Februar. — Die Platte ist wie Pergament. Der
obere Schenkel blasst ab, am unteren Schenkel Schorf- und
spurweise Eiterbildung." —
,,2. März. — Die pergamentartige Platte und der rechte
untere Schenkel stossen sich ab. An den Abstossungsstellen
Hyperämie und reichliche Epidermisbildung."*)
Aehnliche Versuche, durch hypnotischen Befehl ein
künstliches Stigma zu erzeugen, sind mit gleichem
Erfolge bc^on mehrfach gemacht worden. Was folgt nun
aus diesen Experimenten ? Zunächst ist klar, dass von einer
willkürlichen Beherrschung organischer Funktionen der
Versuchsperson durch den Hypnotiseur nicht eigentlich
die Rede sein kann. Man kann dem Hypnotiseur keine
magisch wirkende Kraft beilegen. Sein Wille ist nur die
entferntere Ursache, nur indirekt an dem Vorgang betheiligt
Er erweckt nur in der Versuchsperson die Vorstellung der
anbefohleneu organischen Veränderung; aber das eigentlich
wirkende Agens kann nur der durch die
eingepflanzte Vorstellung erregte Wille der
Versuchsperson selber sein, und zwar ihr un-
bewusster Wille, denn organische Veränderungen sind
unserem bewussten Willen entzogen.
Sind nun aber organische Veränderungen an unserem
Leibe Produkt unseres unbewussten Willens, so wird wohl
auch der Leib selbst Produkt desselben sein. Demnach sah
ich in den erwähnten Thatsachen zunächst eine mir sehr
*) v. Jfrafft-Ebing i — „Eine experimeitelle Studie auf dein Gebiete
des Hypnotismus." S, 59—60.
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