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Wittig i Der Spiritismus in Gesellsch. eines Königs verleumdet. 515
seinen persönlichen Umgang unterzog man der Kritik und
erwähnte zwei neue Personen, Landsleute des bisherigen
langjährigen, aber kürzlich verstorbenen Günstlings, der
aber ein Ehrenmann gewesen sei, mit denen der König fast
nur allein Umgang pflege, „und zwar" — wie wir einem
Artikel: — „Lichtscheues Treiben am Stuttgarter Hofe"
(„General-Anzeiger f. Leipzig" v. 24 Oktober er.) entnehmen
— „in einer mit üppiger Pracht ausgestatteten Wohnung.
Geschäftige Zungen wissen von den Mysterien dieses
Hauses Mancherlei zu erzählen; wir erwähnen davon nur,
dass dort spiritistische Seancen abgehalten werden
sollen, — man denkt dabei unwillkürlich an die Zeit Friedrich
Wilhelm^ IL von Preussen, wo Minister Wöllner den König
durch Vorführung angeblieh übersinnlicher Erscheinungen
an sich zu bannen wusste! In solchen SitzuTigen, deren
Aufregung auf die Gesundheit des hohen Zuschauers
die schädlichsten Folgen haben muss, sollen die
Ahnherren des erlauchten Geschlechtes heraufbeschworen
werden; man weist in der Residenz mit
Fingern auf diese und jene Persönlichkeit, welche bei diesen
unheilvollen Komödien mitgewirkt. Jedenfalls ist die Einwirkung
des Umgangs mit den beiden Ausländern eine
derart nachtheilige, dass ein berühmter Arzt der Landes-
Universität, der zur Consultation zugezogen war, die
sofortige Entfernung der beiden Abenteurer aus der
Nähe des leidenden Monarchen verlangte. Diese erklärten
auch gehen zu wollen, Hessen sich eine bedeutende Abfindung
baar auszahlen und verschwanden thatsächlich,
waren aber gleich wieder zur Stelle, als der Arzt das
Schmerzenslager des Fürsten verlassen hatte. — Seit diesem
Vorfall, der sich vor etwa einem Jahre zutrug, haben die
beiden Ausländer das gütige Vertrauen eines Leidenden
immer mehr zu erschleichen gewusst. Sie spielten mit
dem Gelde ihres hohen Gönners an öffentlichen
Spielbanken und führen einen so luxuriösen Train, dass
der fürstliche Hofhalt zu ernstlichen Einschränkungen hat
reducirt werden müssen; die Kosten des letzten Winteraufenthalts
in Italien sind so enorm gewesen, dass sie
bis zur Stunde noch nicht völlig beglichen sind;
es war nothwendig, Gelder auf Hypothek aufzunehmen
. Die Bevölkerung der Residenzstadt sieht für
diese Verlegenheiten moralischer und finanzieller Art die
Schuldigen in den Ausländern"____„Begreiflicherweise wird
die von den 'Münchener Neuesten Nachrichten' gemeldete
Versetzung des einen dieser Günstlinge in den Adel auf
das Lebhafteste besprochen, wenn auch die Presse davon
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