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du Prel: Die praktische Verwerthung des Hypnotismua etc. 543
werden, sich zum passiven Werkzeug für solche Täuschungen
herzugeben, die es bei dem bisherigen Verfahren sehr oft
unbewusst und durchaus schuldlos vollzieht. Am besten
konstatirt ist der extremste Fall solcher Täuchungen, nämlich
die an Stelle von Materialisation eintretende blosse Trans-
figuration. Von einem Augenzeugen ist mir z. B. über eine
Sitzung mit dem Medium Bastian ~~ der in Wien nicht
entlarvt worden ist*) — erzählt worden, wobei nach einander
zehn bis zwölf Figuren von verschiedener Grösse und Gestalt
aus dem Cabinet traten, so dass einige Mal zwei oder drei
gleichzeitig sichtbar waren. Es fanden also dabei wirkliche
Materialisationen statt, aber eine dieser Gestalten war
dennoch nur der transformirte Bastian, und zwar so leicht
erkennbar, dass die Anwesenden den (vom Standpunkt des
Mediums unbewussten) Schwindel sogleich durchschauten.
Da nun dieser extremste Fall unbewussten Schwindels
eine wissenschaftlich konstatirte Thatsache ist, so lässt sich
leicht denken, dass die gelinderen Fälle unbewusster
Täuschung bei spiritistischen Sitzungen sich noch häufiger
einstellen werden, und es fragt sich erst, ob wir sie schon
alle kennen. Diesem Uebelstande nun kann ein hypnotischer
Riegel vorgeschoben werden. In dieser und ähnlicher Weise,
deren weitere Ausführung ich dem über die transcendentalen
Fähigkeiten orientirten Leser überlassen kann, könnte also
auch der Spiritismus in gesteigerter Form zur Experimental-
wissenschaft gemacht werden* Insbesondere werden wir,
wenn wir die hypnotisch zugänglichen ßestandtheiie des
Spiritismus von den unzugänglichen unterschieden haben
werden, im Stande sein, damit auch die jetzt noch schwankende
Grenze zwischen den objektiven und den an der Subjektivität
des Mediums liegenden Phänomenen scharf zu zienen.**)
*) Vergl. „Psych. Studien" 1884 S. 97 ff.f 113 ff., 159 ff. —
Die Red.
**) Einige Wochen, nachdem der vorliegende Aufsatz in der
„Psychologischen Gesellschaft*4 in München vorgelesen worden, erhielt
ich Einsicht in ein bei der Redaktion der „Sphinx" inzwischen eingelaufenes
Manuskript der amerikanischen Philosophin Plumaeher, die
auch den deutschen Lesern durch einige interessante Schritten bekannt
sein dürfte. Darin war mir besonders ein Vorschlag interessant,
welcher beweist, dass meine hier dargestellte Hypothese gleichsam in
der Luft liegt, so dass vielleicht gleichzeitig mit und jedenfalls ganz
unabhängig von mir, auch jenseits des Oceans Jemand auf diesen
paradoxen Gedanken stiess, der sich Jedem leicht autdrängen kann,
wenn ihm sowohl Hypnotismus, als Spiritismus bekannt sind. Frau
Plumacher, indem sie sich auf einen Spezialfall beschränkt, schlägt
nämlich vor, einem Medium hypnotisch zu befehlen, eine objektiv
konstatirbare Fernwirkung auszuüben. Im Falle des Gelingens, meint
sie, wäre dadurch bewiesen, dass die spiritistischen Phänomene aus
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