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da Prel: Die praktische Verwerthting des Hypnotismus etc. 545
studiren will, dürfte gut thun, jeder somnambulen Sitzung
eine hypnotische Vorsitzung vorausgehen zu lassen, worin
diejenigen Thätigkeiten anbefohlen werden, die man bei
ersterer zu konstatiren wünscht.
Wenn wir einmal den Gebrauch somnambuler und
spiritistischer Fähigkeiten hypnotisch anbefehlen können,
dann erst wird die Mystik Experimentalwissenschaft werden
können, und statt, wie bisher noch, bei den Sitzungen zu
erwarten, was kommen mag, werden wir dann bestimmen
können, was kommen soll. Da ich zur Zeit weder über
Somnambule noch Medien verfüge, bin ich nicht in der
Lage, die vorgeschlagenen Experimente selber anzustellen.
Auch ist es für einen genügenden Beweis erforderlich, dass
die Versuche von zahlreichen Experimentatoren mit möglichst
vielen Versuchspersonen vorgenommen werden. Darum wäre
ich den Gesinnungsgenossen auch verbunden, wenn sie für
möglichste Verbreitung dieser Vorschläge durch Nachdruck
(unter Angabe der Quelle) Sorge tragen und die Resultate
ihrer eigenen bezüglichen Experimente mir mittheilen würden.
Apriorische Hypothesen sind allerdings nicht nach dem
Geschmack der modernen Zeit, und wenn sie zudem
paradox lauten, sind sie einer ungünstigen Aufnahme vorweg
sicher. Ich würde also jedenfalls besser daran gethan haben,
statt meine Hypothese in apriorischer Form zu geben, ihr
zugleich die empirische Bestätigung durch Experimente zu
ertheilen. Indessen ist mir mein Apriorismus nicht durch
den Kopf aufgenöthigt, sondern einfach durch den Geldbeutel
; denn um die gemachten Vorschläge durehzu-
probiren, müsste ich verschiedene Versuchspersonen mindestens
ein Jahr lang zu meiner ausschliesslichen Verfügung
haben. Also muss ich die Sache Anderen überlassen, muss
aber diese Anderen auf meine Vorschläge — eben weil sie
noch nirgend gemacht wurden — erst aufmerksam machen,
d. h. ich bin zu meinem Leidewesen genöthigt, die Hypothese
in apriorischer Form zu publiciren.
Solche Hypothesen haben übrigens in der Wissenschaft
schon häufig gute Dienste geleistet; ja man kann sagen,
dass einer jeden neuen Entdeckung, wenn sie nicht zufällig
gefunden, sondern wissenschaftlich gesucht wurde, eine vorherige
apriorische Hypothese zu Grunde lag. Dagegen
haben apriorische Negationen in der Wissenschaft schon
sehr viel Unheil angerichtet und den Fortschritt aufgehalten.
Sollten daher meine Vorschläge solchen apriorischen
Negationen begegnen, so würden mich dieselben sehr kühl
lassen. Eine wissenschaftliche Kritik dagegen soll mir nicht
Psyohische Stadien. Deoember 1888. 85
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