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Aksakow: Krit. Bemerkungen Uber Dr. v. Hartmann's Werk. 557
— „Das ist subjectiv; das kommt bei euch zuweilen
auch vor, dass es euch scheint, als ob ihr so besser sehen
würdet; und bei uns noch viel öfter." —
Wie man sieht, haben die Antworten unseres geistigen
Mitredners einen tiefen philosophischen Sinn. Wenn er
wahrhaft der Welt der Noame na angehört, wo er die
Dinge unserer Welt sieht, nicht wie sie sich uns darstellen,
sondern wie sie an sich sind, - so muss er sie folglich
„nach seiner Weise" sehen; aber sobald er einmal
gezwungen ist, sie „nachunsererWeise" zu betrachten,
so muss er in die Welt der Phänomene eintreten und
sich den Bedingungen unserer Organisation anpassen; denn
was ist die Organisation anderes, als die Weltanschauung?!
Ich begreife sehr wohl, dass eine solche einfache Binde
über die Augen, obgleich sie in der gewissenhaftesten Weise
angelegt sei, nicht als absoluter Beweis des Ausschlusses
jeder Wahrnehmung des gewöhnlichen Gesichtssinnes dienen
kann; selbst die complicirtesten Binden können zu diesem
Beweise nicht verhelfen, da sie allen Arten betrügerischer
Machinationen Raum lassen. Die ganze Bedeutung der Experimente
, die ich so eben berichtet habe, beruht auf der moralischen
Ueberzeugung von ihrer Echtheit. Wir haben sie angestellt
, nicht um Parade mit ihnen zu machen; wir waren
selbst an der Lösung des von uns selbst gestellten Problems
interessirt; und wenn die Augen verbunden wurden, so
geschah das einzig, um sich sogar gegen" die geringste
unwillkürliche Erhebung der Augenlider zu »ichern;
überdies fragte ich stets die Medien: Habt ihr die Augen
fest geschlossen, seid ihr sicher, nicht unwillkürlich etwas
gesehen zu haben ? u. s. w.
So also ist bei diesen Experimenten die Theilnahme
des körperlichen Gesichts ausgeschlossen; nichtsdestoweniger
hat das Sehen gewisser Gegenstände, in gewissen Grenzen,
ohne die Mitwirkung der Gesichts-Organe stattgefunden;
dass dieses Sehen keine Function des Absoluten ist, ersieht
man daraus, dass es bedingt ist durch einen gewissen
„Raum", eine gewisse „Peripherie"; und selbst wenn die
Bedingungen des Raumes gegeben sind, irrt sich dieses
Sehen: es nimmt zwei aufeinander liegende Münzen für
eine; den unteren Zeiger des Weckers für einen Stundenzeiger
, und die beiden oben übereinander stehenden Zeiger
des Zifferblattes für einen (Minuten-)Zeiger; alles
das sind Irrthümer, welche Thätigkeitsfehlern eines Ge-
sichtsorganes eigen sind. Auf Grund dessen scheint
es mir richtig zu schliessen, dass wir es hier nicht zu thun
haben mit einer unbewussten Fähigkeit unseres Gehirns,
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