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Wittig: Der Spiritismus in Gesellscli. eines Königs verleumdet. 563
Anfang November er., besonders über die Stellung der
angefochtenen angeblichen Abenteurer zur Person des
Königs, gegenüber der vielbesprochenen (ersten) Darstellung
der „Münchener Neuesten Nachrichten" über die Verhältnisse
am wiirttembergischen Hofe: —
„Das Eine sei sogleich zugegeben: einen gewissen
scheuen, dem lauten Lärm des Lebens abgewendeten Sinn
hat König Karl mit dem sagemmi webten Bayernkönig gemein,
aber entfernt nicht in demselben krankhaften, exaltirten,
unseligen Grade. Kein Mensch nahm Anstand daran, so
lange der intime Freund und Vertraute des Königs, Freiherr
von Spitzemberg, aus dem alten Adel war. Erst als die
fremden und bürgerlichen Elemente sich geltend machten
und in den Vordergrund traten, bildete sich um die Personen
und den Fürsten selber ein Mythenkreis um so abenteuerlicherer
Natur, als nur Wenige diese Ausländer kannten
und diese sich auch geflissentlich im Hintergrunde hielten.
Wenigstens gilt dies von der maassgebenden Persönlichkeit
der jetzigen Epoche, dem nun in den Freiherrnstand erhobenen
Herrn Charles B. fVoodcock-Savage. Derselbe hatte
allerdings einen Vorgänger gehabt in dem ehemaligen
Secretär des amerikanischen Consulates zu Stuttgart, Herrn
Richard Jackson, den der König zu seinem Vorleser ernannt
und mit Ehren und Geschenken überhäuft hatte, ohne in
ihm zu finden, was er suchte: einen Menschen, der ihm
reinen Wein einschenkte und ihm dauernde geistige und
seelische Anregung bot. Der körperliche Zustand des
Monarchen verschlimmerte sich, und so war es noch zu
Zeiten des Freiherrn von Spitzemberg, als der König, gepeinigt
von den unerträglichsten Schmerzen, anfing, sich
magnetisiren zu lassen und sich auch für Spiritismus zu
interessiren. Man hörte damals auch viel davon, unter dem
Einflüsse des streng katholischen Herrn von Spitzemberg
mache die katholische Propaganda im Lande grosse Fortsehritte
. Indessen, Spiritismus und Katholicismus wurden
verdrängt und verschwanden, als auf die Empfehlung des
verstorbenen englischen Gesandten zu Stuttgart in Herrn
Woodcock der frühere Prediger einer evangelischen englischen
Gemeinde an den königlichen Hof kam. Mit ihm zugleich
ein jüngerer Landsmann, der Sohn einer Familie in Amerika,
die mit Woodcock^ Hause eng Hirt, ihn dem landsmannschaftlichen
Schutze übergab, als der junge Mann ebenfalls
nach Deutschland ziehen sollte, um seine Ausbildung zu
vollenden. Der vielberedete Herr Woodcock zählt heute
ungefähr vierzig Jahre; er hat früher in Heidelberg studtir
und verbindet nach dem Zeugniss Derer, die ihn kennen
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