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du Prel: Es giebt ein transcendentales Subjekt.
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gelten, welches durch Vorstellungsverdiehtung den zeitlichen
Zwischenraum aufhebt.
Im Verlaufe der Jahre habe ich nun die Erfahrung
gemacht, dass solche Träume fast immer dann entstehen,
wenn wir in Folge eines äusseren Lärmes erwachen; ich
habe ferner seither mit mehreren Personen gesprochen,
welche ähnliche Träume hatten, und später habe ich auch
in der Traumliteratur Beispiele von dieser Art gefunden,
sah mich also um den Ruhm des Entdeckers, für den ich
mich anfänglich hielt, betrogen. Damit war aber meine
Aufmerksamkeit auf das Traumleben gelenkt, und diese
Erfahrung hat mich in eine Richtung gedrängt, in der ich
noch immer wandle. Acht Jahre später machte ich diese
Träume zum Gegenstand meiner Promotionsschrift,*)
worin ich die Folgerung zog, dass vielleicht unser ganzes
Leben ein durch das physiologische Zeitmaass auseinandergezogenes
Ereigniss sei. Später habe ich in der „Psychologie
der Lyrik" diese Träume wieder besprochen, und
erst jüngst habeich der Vision „Das weltliche Kloster"
einen solchen Traum zu Grunde gelegt.
Im Verlaufe der Jahre fand ich aber noch andere
Bestandteile des Traumlebens, die ich jetzt zu einer
„Entdeckung des transcendentalen Subjekts" zusammenfassen
könnte. In der „Philosophie der Mystik" suchte ich
zu zeigen, dass sogar das ürundphänomen eines jeden
Traumes eine philosophische Verwerthung zur Erklärung
des Menschen zulässt. Dieses Grundphänomen besteht in
der dramatischen Spaltung des Ich: —
Selbst wenn ich im Traume ein einsamer Robinsott
ohne ]Mebenmenschen wäre, so kann doch die Traumbühne,
die Insel, nur dadurch zu Stande kommen, dass gewisse
Zustände meines Iniiern nach aussen projicirt and phantastisch
verwandelt werden. Man entgeht der Schwierigkeit nicht,
wenn man die Traumbühne aus der Phantasie erklärt;
denn die Qualität der Traumbühne muss von dem
organisch bedingten Zustand der Phantasie abhängen
; die Phantasie eines Berauschten malt anders, als
die eines Asketen. Es muss also ein Causa Iverhältniss
bestehen, demgemäss meinem inneren Zustand die Qualität
der Traumbühne gesetzmässig entspricht. In der That aber
ist die Traumbühne bevölkert, es wandeln Menschen darauf,
und auch diese, sowie Alles, was sie sprechen und thun,
kann nur zu Stande kommen durch dramatische Spaltung
des Ich; denn logischer Weise muss jeder Traum dem
*) „Onelroktitikon" DeuUche Yieiteljalumel'ritt, 1&>9. —
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