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14 Paychfodio Studien. XVT. Jahrg. !. Heft. (Januar 1880/>
dem Vorzimmer und befragte die dort ruhig arbeitende
Zofe, wer durch das Zimmer gegangen sei, doch das
Mädchen hatte Niemanden gesehen, noch gehört. Frau von
B—a gehört weder zu den furchtsamen, noch zu den abergläubigen
Frauen; sie ist, wie man mir sagt, eher etwas
Freigeist. Und doch!
Bekanntlieh giebt es gewisse Personen, ja Familien,
die dem Kontakt mit sogenannten übernatürlichen (trans-
scendentalen) Vorgängen — wir behalten das Wort „übernatürlich
", als im Sprachgebrauch eingebürgert, bei — mehr
ausgesetzt sind als Andere. Zu diesen gehörte auch ein
Holländischer Baron d'Escury, den ich in Paris kannte* Er
war wenig mittheilsam, eines Tages jedoch, in einem kleinen
Kreise von Bekannten, theilte er uns mehrere Erlebnisse
solcher Art mit, von denen die zwei merkwürdigsten hier
Platz finden mögen. — Das erste handelt von einer Erscheinung
im Schloss Limpurg, wo d'Escury als Gast des
Grafen v. Rechtem weilte; um an einer von Letzterem abgehaltenen
Jagd theilzunehraen. Er war in einem abgelegenen
Zimmer des Schlosses einquartirt, neben dem sich, auf
demselben Flur, das Bedientenzimmer befand. Abends hatte
er sich zu Bette gelegt, um zu lesen. Nach einer gewissen
Zeit gewahrte er, dass die Flammen der beiden Kerzen, ohne
im geringsten von Zugluft bewegt zu werden, kleiner und
kleiner wurden, bis sie erloschen, worauf ein höhnisches
Kichern hinter dem Kopfende des Bettes hörbar ward.
d'Escury beeilte sich, mit Zündhölzchen, deren er nur drei
Stück zur Verfügung hatte, die Kerzen wieder anzuzünden,
um das Zimmer vergeblich zu durchsuchen. Er legte sich
wieder nieder, doch der Vorgang wiederholte sich ein
zweites und ein drittes Mal: die Kerzenflammen schwanden,
bis sie erloschen, als wenn es ihnen an Brennstoff mangele;
unmittelbar darauf ertönte das unheimliche Kichern. Nach
dem dritten Male hatte d'Escury das Gefühl, als#fasse ihn
eine eiskalte Hand am Halse; er sprang auf und lief nach
der Bedientenstube, von wo er sich neuen Vorrath an
Zündhölzchen holte. In sein Zimmer zurückgekehrt, wurde
er nicht weiter behelligt. Nur auf dem Korridor hatte er
das von einer weissen Gestalt ausgehende Kichern noch
einmal vernommen.
Sein zweites, geradezu unglaublich erscheinendesErlebniss
war das Folgende. d'Escury ^ erehrte ausserordentlich seine
bejahrte Mutter, mit der er auf dem Lande lebte. Die
Mutter erkrankte, doch der Arzt glaubte an keine Gefahr
für sie. Der Sohn hatte nöthig, wegen einer wichtigen
Angelegenheit nach Amsterdam zu gehen, das mit der
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