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Seherr Thoszt Am dem Gebiote üo<$ Uebersinalidten.
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Offiziere der Escadron erschienen und den OffiiHÖFen zuriefen,
sie hätten so eben ihren Rittmeister erschlagen. Ohne
Widerstand zu leisten, Hessen beide Korporale sich verhaften
, die, wie sich nun zeigte, auch den Offizierburschen
NeuvaVs getödtet hatten. Alsbald wurde das Kriegsgericht
zusammenberufen. Im Verhör um den Beweggrund
zu ihrer Frevelthat befragt, gaben die beiden Unteroffiziere
an, der Rittmeister habe sie zu streng behandelt, und den
Burschen hätten sie gleich beim Eintritt in das Zimmer
Neuval's, um 8 Uhr Abends, umgebracht, damit er seinem
Herrn nicht zu Hilfe kommen könne. Ihre Auslagen boten
noch ein anderes bemerkenswerthrs Moment. Der an Neuval
verübte Mord wäre nämlich beinahe unterblieben, sein Leben
hing von zehn Krenzorn ab! Di<* zwei Unteroffiziere hatten
sich nach Ermordung des Burschen hinter die Zimmerthüre
gestellt, dort Neuval's Ankunft erwartend. Sein l*m^\s
Ausbleibon langweilte sie. Der Bino von beiden, der ah
Mordwaffe eine ihm gehörige Axt mitgebracht und dem
Anderen zehn Kreuzer geborgt hatte, um sich ebenfalls eine
zu verschaffen, schlug vor, das Untermehnen aufzugeben.
„Nem bänom (meinetwegen)", erwiederte der Andere, „aber
die zehn Kreuzer gebe ich Dir nicht zurück/' — „Dann
bleiben wir hier", entgegnete der Erste, und sie blieben und
\ ollführten den Mord. Von zehn Kreuzern hatte also Tod
oder Leben von Neuval im letzten Augenblick noch abgehangen
! Doch das Verhängniss — die Bestimmung -
musste sich erfüllen, die Viw>n zur Tatsache werden.
Dieses durch kriegsgerichtliche Protokolle und unverwerfliche
Zeugen beglaubigte FakUm (dasselbe war seiner
Zeit, so viel ich mich erinnere, auch in der „Augsburger
Allgemeinen Zeitung" in ganz gleicher Weiso zu lesen),
ist von äusserster Wichtigkeit für eine andere metaphysische
Frage als die Seelen-Hypothese, nämlich für
die Frage von der Prädestination. Aus dem ebe-i
erzählten Faktum geht unzweifelhaft hervor, dass es
einzelnen Menschen zuweilen gegeben ist, einen Blick in
die Zukunft zu thun, was wiederum nur unter der
Voraussetzung möglich erscheint, dass die Zukunft nicht
ein wirres Gemengsei von Zufälligkeiten oder Schicksalslaunen
repräsentire, sondern dass sie sich in einer durch
die Prämissen und durch Verkettung der Unistände bestimmt
vorgeschriebenen Bahn mit mathematischer Sicherheit und
Genauigkeit abwickle. Tn der That, um in träumendem
oder halbwachem Zustande ein Er<4gniss vorherzusehen,
das nach mehr als dreissig Jahren wirklich genau eintrifft,
wie dies bei Neuval der Fall war, so muss dasselbe schon
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