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v. Sehrenck-Notzing: Berichtigung.
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beispielsweise bei functionellen Nervenstörungen, erst zu allen
möglichen anderen Mitteln greifen, ehe man die muthmaass-
lich wirksame Hypnose herbeisieht?44 — Um Missverständnissen
in dem Leserkreise, •— die sich aus dieser mir
supponirten Ansicht ergeben könnten, — vorzubeugen, habe
ich nur nöthig, den bezüglichen Passus meiner Schrift, der
in deutlicher Weise das Bedenken Dessoir's erledigt, hier
anzuführen: — Es heisst auf Seite 56, nachdem auf die
„unzweifelhaft mit den hypnotischen Procedura verknüpften
Gefahren" hingewiesen ist: — „Je nach der Individualität
des Patienten richte man den modus faciendi und die
Suggestion; erst wenn die Einwirkung im wachen Zustande
nicht genügt, rufe man leichtere hypnotische Grade hervor
und versäume dabei niemals die energische Aufforderung,
dass Patient sich nach dem Erwachen wohl befinde. Bei
Anwendung der Suggestion berücksichtige man die Vorschriften
von Bernheim, Fonian und Forel; man wird dann
verhältnissmässig ebensowenig Unfälle zu verzeichnen haben,
wie der geübte Chirurg dem ungeübten Studenten gegenüber."
„Man möge die Behandlung mit Hypnose und Suggestion
nur in solchen Fällen vornehmen, in denen entweder
jedes andere therapeutische Verfahren sich als nutzlos
erwiesen hat, oder in denen die mit der Hypnose verknüpften
Gefahren unverhältnissmässig geringer anzuschlagen
sind, wie die eventuell mit einer anderen Heilmethode verbundenen
Scbädlichkeiten für den Organismus. So wird in
gewissen Fällen von Herzschwäche der Hypnose als Schlafmittel
vor Morphium und Ohloral der Vorzug m geben
sein," — Man wird also hiernach bei einem Patienten, der
z. B. an einer einfachen oberflächlichen Neuralgie leidet,
vielleicht zunächst eine Einreibung irgend welcher Art (z. B.
mit Chloroformoel) vornehmen lassen. In vielen Fälle m
erreicht man dadurch seinen Zweck, und das oft sehr
schwierige, stets zeitraubende hypnotische Verfahren bleibt
dann nach verschiedenen vergeblichen therapeutischen
Maassnahmen eine ultima ratio. — Der Uebergang von
einfachen Heilmethoden zu complicirteren - von schwach
wirkenden Mitteln zu stärkeren, — wird ein Hauptgrundsatz
in der ärztlichen Praxis bleiben — wenigstens für jeden
erfahrenen und beschäftigten Arzt *J
München, 26. November i 888.
Dr. Freiherr von itelirenek-lTotzing',
- prakt. Arzt.
*) Ein „Schlusswort" zu dieser Replik hat sich Herr Dr. phil. Max
Dessoir vorbehalten und wird dasselbe im folgenden Febiuar-lleft er,
der „Psychischen Studien" erscheinen. — Die Bed.
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