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80 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1889.)
unterscheide, als deren erstes dann die Katalepsie mit
der 'flexibalitas eerea' genannt wird. Und das eben ist es,
was ich bestritten habe und noch bestreite. Jn den „Compt.
rend. Acad. des sciences" von 1882, Band XCIV, S. 403
sagt Charcot wörtlich: — „La 'flexibilitas cerea'n'appartient
pas k Petat eataleptique*' ;*) desgleichen meinen Binel und Fere,
die getreusten Parteigänger des Pariser Nervenarztes, in
ihrem Werke „Le magnetisme animal" (1887, S. 114): —
„La 'flexibilitas eerea' et ce que Fon appöle 'la raideur du
mannequin des peintres' inexistent pas dans letat catalep-
tique**) Man vergleiche auch was Liegeois in seinem
neuesten Buche (,,De la Suggestion" etc., 1889, S. 75) über
diesen Punkt sagt. Wenn daher Herr v. Schrenck in dem
erwähnten Zusammenhang die Merkmale der Katalepsie
aufzählt. so scheint er mir doch zu einer nachträglichen
Berufung auf Gilles de la Tuorelte und Tamburini-Sepilli nicht
eigentlich berechtigt, hätte er dann doch auch des ersteren
viertes Stadium, die Lethargie lucide', und der beiden
Anderen zahlreiche Abweichungen von dem Charcot7sehen
Schema mit aufführen müssen. Dasselbe gilt von der
Hyperästhesie der Ovarien.
Was schliesslich den dritten Punkt betrifft, so kann
ich nicht finden, dass er durch einfache Wiedergabe der
bezüglichen Originalstelle 'in deutlicher Weise erledigt'
wird. Da nach des Autors Ansicht der geschickte Experimentator
bei Anwendung der Hypnose verhältnissmässig
ebensowenig Unfälle zu verzeichnen haben wird, wie der
geübte Chirurg, so mögen die unzweifelhaft mit den hypnotischen
Prozeduren verknüpften Gefahren wohl nicht gar
so erschrecklich sein. Und dann besteht jedenfalls ein bedeutender
Unterschied zwischen gelegentlicher, zu Anfang
versuchter Einreibung mit Chloroformöl und der Verweisung
der Hypnose in die ßumpelkammen der ultima
refugia. Welcher Patient wird denn erst 'jedes andere
therapeutische Verfahren' oder mit 'verschiedenen vergeblichen
therapeutischen Massnahmen' an sich herumprobiren
lassen, bis die künstliche Einschläferung versucht wird,
deren Grad von Gefährlichkeit übrigens noch lange nicht
fixirbar und sicher von der vorhandenen Technik des
Operators abhängig ist. Die Rolle einer lebenden Ver-
*) Deutsch: — „Die wächserne Biegsamkeit gehört dem kata-
leptischen Zustande nicht an."
**) Deutseh: — „Die wächserne Biegsamkeit und das, was man
'Gliederpuppensteiftieit' nennt, existiren nicht im kataleptischen Zustande
."
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