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344 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 3. Heft. (Mär* 1889.)
einmal eine unbestimmte Erinnerung yon der Existenz des
Buches bewahren konnte, welches das unbewusste Gedächtniss
so gut durchgesehen hatte. Es liegt darin ein Widersinn
und eine innere Unmöglichkeit. Ich sage „durchgesehen",
denn man kann vernünftigerweise nicht annehmen, dass das
Buch nur auf zwei Seiten geöffnet worden wäre, und dass
die Augen nur diese drei Mottos gesehen hätten.
Aber das ist nicht die einzige Schwierigkeit! Dass
dabei mehr als ein unbewusster Eindruck im Spiele ist, das
geht aus folgenden Betrachtungen hervor. Der zuerst angegebene
Name lautete: Sardovy; darauf wurde die SSance
unterbrochen, um den Thee einzunehmen und den Namen
im Dictionnaire aufzusuchen; sobald die Seance wieder aufgenommen
war, wurde der Name B* Cardosio genau nach
Wichmann gegeben. Und einige Minuten nachher derselbe
Irrthum und dieselbe Berichtigung. Man frägt sich: welchen
Maaszstabes bediente sich das unbewusste Gedächtniss, um
zwischen den von einander abweichenden Namen zu wählen?
Und ferner: — das Wort: „Gregorei" wird nicht übersetzt
mit „Ich wache!", wie Wichmann thut, was nach der
Grammatik unrichtig ist; sondern durch „custodite"
(wachet!), was eine andere Bedeutung hat, und durch eine
grammatikalische Verbal-Porm, welche schon etwas richtiger
erscheint. Denn „Gregorei" kann im Griechischen nach
Herrn Wiüig\ Bemerkung zwei verschiedene Accente tragen
un d alsdann lauten „gr e g o r e i" == „er wacht" (seil, der Drache),
und auch als Imperativ-Form klingen: „gregorei = „wache
du l" — „Custodite" („wachet ihr!") würde griechisch lauten:
„gregoreite!" — Als ich auf den Ursprung von „gregorei"
drang, erklärte unser X. nicht, dass es eine Devise des
Papstes Gregor XIII. (des berühmten Kalenderverbesserers
von 1582) sei, sondern er antwortet mit einer Umschreibung:
— „Ich habe das auf einem Wappen gelesen", was in Betreff
des Sinnes dieselbe Sache ist. Also kann man in allem
diesen eine unbewusste Reproduction unbewusster Eindrücke
nicht sehen.
Noch eine andere Erwägung. Weshalb konnte er anstatt
der ausweichenden Antwort; — „Ich habe das auf einem
Wappen gelesen" — nicht wenigstens sagen: — „Ich habe
das in einem Devisenbuche gelesen"? Weshalb antwortete
er auf meine Frage über den Ursprung des italienischen
Citates mit „Tasso", anstatt die wirkliche Quelle anzudeuten?
Und weshalb gestand er, als ich auf dem hebräischen Motto
bestand, zu, dass es eine Gedächtniszsache sei, nannte aber
die wirkliche Quelle nicht? Es legt das Alles die Ver-
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