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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene
des Seelenlebens gewidmet.
XVI. Jahrg. Monat April 1889.
L Abtheilung.
Historisches und Experimentelles.
Der Resauer Spuk zum zweiten Male vor Gericht,
Von Louis Mensel in Steglitz.*)
Motto: — „Thut nichts, der Jude wird verbrannt!"
Volkssprichwort.
Am 13. März a. c. fand die Verhandlung dieser Spukangelegenheit
in zweiter Instanz und zwar vor dem Landgericht
in Potsdam (Vorsitzender Herr Landgerichtsrath
Haeckel) statt.
Die Verhandlung begann mit der Verlesung des Urtheils
des Schöffengerichts in Werder und dessen Begründung.
Von den geladenen fünfzehn Zeugen war der Musikdirektor
Thiele aus Lehnin nicht erschienen, er hatte sich
in Folge plötzlicher schwerer Erkrankung seiner Frau durch
Telegramm entschuldigt. Thiele war schon in Werder nicht
zum Wort gekommen, da vorher der Richter dem Vertheidiger
vorschlug, es nun mit der Zeugenvernehmung genug sein zu
lassen, weil ja die Sache hinreichend aufgeklärt sei, auf
welchen Vorschlag der Vertheidiger, wahrscheinlich in Folge
mangelnder Information, einging. Thiele hatte in der Voruntersuchung
, und hat auch nach dem Termin in Werder,
vor vielen Zeugen bekundet: — Er sei im Zimmer im
*) Durch Berliner Freunde sind uns ausserdem noch folgende
Zeitungen zugegangen, welche über die Resauer Spukgeschichte vor
der Berufungs-Kammer noch weit ausfühilichere Keferate bringen; so
„Das Deutsche Blatt Nr. 63 u. 64 v. 14. u. 15. März er., ferner „Berliner
Lokal-Anzeiger" Nr. 62 v. 14. März er. und die ,,Staatsbürger-Zeitung"
Nr. 62 B v. 14. März er., für welche Zusendungen behufs fernerer Benutzung
wir unseren ergebensten Dank aussprechen. —
Die Red.
PsychUche Studien. April 1889. 11
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