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du Prel: Es giebt ein transcendentales Subjekt. 177
Nach v. Hartmann könnte der Somnambulismus nur
eine verminderte Individualität zeigen. Sie zeigt sieh aber
gesteigert durch Anschluss eines transcendentalen Be-
wusstseins zum sinnlichen, durch erhöhtes G-edächtniss,
komplizirteren Heilmittelinstinkt, Vertrautheit mit den
körperlichen Zuständen und Entwickelungsgesetzen; sie
zeigt sich häufig auch als moralische Steigerung,
endlich aber auch als organische, wenn z. B. im somnambulen
Stadium des Hypnotismus eine jeden Schauspieler
übertreffende Mimik und Gebärdensprache eintritt.
Kein Besonnener wird nun aber behaupten, dass die
somnambulen Fähigkeiten dadurch in mir entstehen,
dass ein Magnetiseur Striche über meinen Leib führt. Der
Magnetiseur kann nichts, als mich in einen tiefen Schlaf
versetzen. Was aber in diesem Schlaf in mir vorgeht,
gehört mir selbst an. Der Magnetiseur kann nur die
Bedingung lief rn, dass die transcendentalen Vorstellungen
in mein irdisches Bewusstsoin gelangen; er kann sie aber
nicht erzeugen, kann nicht Ursache meiner somnambulen
Fähigkeiten sein. Darum mnss die Gleichzeitigkeit
des transcendentalen Subjektes mit dem irdischen
Wesen ausgesprochen werden.
Der Schmetterling ist das gleichzeitige transcen-
dentale Subjekt der fiaupo; denn in der sinnlichen Erfahrung
zwar folgen Raupe und Schmetterling auf eiuander;
aber latent ist der Schmetterling schon in der Raupe vor-
handln, und alle seine Organe sind in der Raupe bereits
vorgebildet.
Mit den Mitteln der gewöhnlichen Bewusstseins-
psychologie lässt sich die Seele mcht beweisen; denn im
Bewusstsein lieg! keine direkte, sondern nur eine durch
das (allerdings von ihr selbst geschaffene) sinnliche Erkenntnissorgan
vermittelte, also indirekte Seelenthätigkeit.
Die direkte Seelenthätigkeit liegt nur im transcendentalen
Gebiete, bei dessen Erforschung sidi immer wieder eine
denkende und eine organisirende Seele, und die
Identität beider verräth. Versetzen wir die Seele ins
Bewusstsein, so ist ihr der Körper gegenübergestellt, und
wir haben den Dualismus. Versetzen wir sie aber ins
Transcendeutale, wo sie sich auch als urganisirond zeigt, so
ist der Körper von ihr umfasst, und dann haben wir erst
wahrhaft eine monistische Erklärung des Menschen.
Weit entfernt davon, dass das transecndentale Subjekt
zur Erklärung des Menschen überflüssig wäre, frägt es sich
vielmehr, ob es zur Erklärung genügt.. Noch in unseren
Tagen wird häufig die D reit Ii eilung des Menschen: —
Payohisobe Studie». April 1889. 12
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