http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1889/0219
Thosz: Erklärung zur Vision KarPs XI. von Schweden. 211
ich nur oberflächliche Kenntniss, und wenn ich mich veranlasst
sah, die Merime'sehe Novelle meinem Aufsatz beizufügen
, so geschah dies eben mit dem stillen Wunsche, eine
Diskussion über deren Echtheit anzuregen, weil, wenn sich
die angegebenen Facta als wahr erwiesen, sie von ausserordentlicher
Tragweite für die weitere Forschung auf dem
Gebiete des Uebersinnlichen wären.
Was die Sache selbst anbetrifft, so geht aus den dankens-
werthen Mittheilungen des Herrn Wütig aus dem „Kieser'sehen
Archiv", hervor, dass auch die andere, in Dänemark und
England verbreitet gewesene Version nur eine Abschrift
war, die sich ebenfalls, wie bei Merime, auf eine im Reichsarchive
befindliche Original-Urkunde stützt, sowie
auf ein Protokoll des Königs. In dieser Beziehung
stimmen also beide Mittheilungen überein, und auch darin,
dass überhaupt eine merkwürdige Vision des Königs
stattgehabt hat, deren Verlauf zwar verschieden erzählt
wird. Dieser letztere Umstand, so wie die Nichtübereinstimmung
in den Namen der Zeugen, scheint mir nicht von
so grossem Gewicht, um daraus eine Fälschung der ganzen
Geschichte folgern zu müssen. Es ist nicht anzunehmen,
dass sich die Abschrift auf ein im Reichsarchiv befindliches
Original berufen würde, wenn dasselbe nicht wirklich dort
vorhanden wäre oder vorhanden gewesen wäre. Es ist ferner
nicht wohl anzunehmen, dass der vorurtheilsfreie, tapfere
König sich veranlasst geseüen hätte, ein Protokoll über eine
„Vision" aufnehmen zu lassen, wenn diese nicht durch ihre
ganz ausserordentliche Erscheinung einen tiefen Eindruck
auf ihn gemacht hätte. Ohne Feuer giebt es keinen Rauch.
Ich bin daher, bis zu besserer Belehrung, geneigt, zu
glauben, dass die eine oder die andere Version in ihren
Hauptzügen der Wahrheit nahe kommt. Aus der
Nichtübereinstimmung der mehr oder weniger nebensächlichen
Umstände möchte ich nur den Schluss ziehen, dass die Erzählung
anfänglich nur mündlich überliefert und daher
vielfach entstellt wurde. Es wäre übrigens interessant, wenn
die „Psychischen Studien" auch die andere Version veröffentlichen
wollten,*) und noch wünschenswerther wäre es, wenn
die angeregte Controverse Anlass böte zu erneuten Nachforschungen
im schwedischen Reichsarchiv.
*) Wir werden in einem nächstfolgenden Hefte diesem berechtigten
Wunsche des Herrn Artikelschreibers entgegenzukommen suchen. —
Die Red.
14*
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1889/0219