Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
16. Jahrgang.1889
Seite: 214
(PDF, 166 MB)
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214 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1889.)

sähe es wahrscheinlich schlimm darin aus, wenn ihre
Sicherheit von dem Glauben an eine jenseitige distributive
Gerichtsbarkeit abhinge. Die Gesellschaft hat sich zu schützen
durch Gesetze; das Individuum aber braucht nur der Stimme
seines Gewissens zu lauschen, um den Weg zu seinem wahren
Glücke zu finden. Und sollte es wirklich Menschen geben,
welche niemals diese Stimme vernehmen, so wären dieselben
doppelt zu beklagen; denn diese ihre Taubheit bewiese,
dass ihr transcendentales Ich zu wenig Spannkraft besitzt,
um die Schwelle des Bewusstseins zu überschreiten, also
einer relativ niederen Rangstufe angehört, und dass ihr
irdisches Leben, welchem der vorzüglichste Hebel der
Weiterentwickelung fehlt, ein verlorenes für sie ist. Nach
den Anschauungen aller human Denkenden sind Gewissensvorwürfe
mit Reue nahe verwandt, und ist letztere an und
für sich schon der erste Schritt zur moralischen Besserung.

Ebenso wie unsere irdische 1 eib 1 iche Erscheinung,
so kann auch unsere überirdische, ätherische, nur
eine erworbene sein, d. h. das Resultat einer durch unser
Wollen sich durchführenden Selbstentwickelung. Ich muss
hiernach also annehmen, dass sich in der ganzen Reihe
unserer ätherischen Existenzen ein Entwickeluugsprozess
abspielt, welcher mit dem der irdischen zwar mehr oder
weniger parallel läuft, aber nur in einem sehr beschränkten
Grade von letzterem abhängig ist. Zu dieser Annahme bin
ich um so mehr geneigt, als ich mir ein Stillstehen, in
welchem Stadium unserer Existenz es auch sei, gar nicht
vorstellen kann, weil eben im ganzen Universum kein einziges
Atom und keine einzige Kraft in absoluter Ruhe denkbar ist.

Willensfreiheit. — Neulich behauptete mir gegenüber
einer meiner spiritistischen Freunde, dass unsere Willensfreiheit
über die materiellen Einflüsse, unsere Verantwortlichkeit
also, eine vollkommene, absolute sei. Obschon ich
nun keineswegs ein fanatischer Anhänger des Determinismus
bin, so kann ich doch unsere Verantwortlichkeit —
nach unseren derzeitigen Begriffen wenigstens — nur als
eine sehr relative, und obige Ansicht als eine jener
Schroffheiten ansehen, welche man in religiösen Dogmen zu
finden gewöhnt ist. Bei zwei ganz identisch organisirten
Menschen, welche durch eine und dieselbe äussere Ursache
zu leidenschaftlichen Aufwallungen angeregt werden, können
zwei ganz verschiedene Resultate zum Vorschein kommen.
Ein Determinismus ist, wie man sieht, nichts weniger als ein
fanatischer; denn wo die Selbstbeherrschung gesiegt hat,
da sehe ich ein Verdienst, wo sie unterlag und Leidenschaftsausbrüche
zu Tage kamen, eine Verschuldung.


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