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284 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1889.)
Bezeichnung durch das Wort „Spiritismus" wird nur
auf Phänomene angewendet werden dürfen, welche, nachdem
sie der Sichtung durch alle vorhergehenden Hypothesen
unterworfen gewesen waren, hinreichende Anhaltspunkte darbieten
, um die Hypothese eines Verkehrs mit Verstorbenen
zu erheischen. Wenn diese Hypothese mit ihren Ansprüchen
gerechtfertigt sein sollte, so wird das Wort „ A n i m i s m u s "
sich auf eine besondere Art von durch das seelische Prinzip
(als ein unabhängiges, denkendes und organisirendes Wesen),
sofern es mit dem Körper verbunden ist, erzeugten
Phänomene anwenden lassen; und unter „Spiritismus"
wird man die durch eine Manifestation desselben vom Körper
befreiten Prinzips erzeugten Phänomene verstehen. Die Bezeichnung
mit dem Worte „Mediumismus" wird alle
Phänomene des Animismus und des Spiritismus ohne Unterscheidung
der Hypothesen umfassen.
Unser Thema lässt sich demnach in folgender Weise
fassen: — Ist es wirklich nothwendig, die Erklärung der
mediumistisehen Phänomene bis zur Einräumung der spiritistischen
Hypothese zu treiben? Würde mau nicht alles,
was für diese Erklärung nötbig ist, in der imbewussten
inner- und ausserkörperlichen Wirksamkeit des lebenden
Menschen finden, welche alle mediumistisehen Phänomene
von der intellectuellen und physikalischen Ordnung umfassen
würde ?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns mit
besonderer Aufmerksamkeit bei der ausserkörperlichen
Wirkungskraft des lebenden Menschen aufhalten. Dieser
Gegenstand ist von Haupt Wichtigkeit für die Lösung des
uns beschäftigenden Problems. Er ist so neu für das
ausserhalb dem Spiritismus stehende Publikum und sogar
von den Spiritisten selbst so wenig studirt, dass ich es für
nöthig erachte, wenigstens einen Ueberblick davon zu geben,
indem ich die Phänomene, welche sich darauf beziehen, in
einige allgemeine Gruppen zusammenordne und sie ebenfalls
innerhalb wie ausserhalb des Spiritismus sammele. Es ist
unerlässlich, dass wir uns auf diesem Gebiete hinreichend
orientiren, um wohl zu verstehen, um was es sich handelt,
und um daraus die Schlüsse ziehen zu können, welche sich
vom Gesichtspunkte der Frage, die wir so eben gestellt
haben, für uns ergeben.
Es scheint mir genügend für meinen beabsichtigten
Zweck der Gruppirung und Darstellung der Phänomene
des Animismus, dieselben unter die folgenden vier Rubriken
zu fassen: —
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