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290 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1889.)
Leben nur eine Wanderung in die Fremde sei, aus welcher
uns endlich das Heimweh in den grossen Kreis der Liebe
anverwandter Seelen zurückführte —
Tn einem Aufsatz: — „Die Meneen" (1826) schreibt
Börne: — „Ich sehe und erkenne nirgends in der Natur
unorganische Körper« Der Mensch nennt diejenigen Wesen
unorganisch, die zu weit unten, oder zu hoch über ihm
stehen, zu welchen er mit seinen Sinnen und Begriffen nicht
hinablangen oder nicht hinaufreichen kann. Aber alles ist
belebt, Alles lebt. Sonne, Mond und Sterne sind Thiere,
wie wir auch; die Erde ist auch eines. Das zeigen ihre
organischen und sentimentalen Verrichtungen, ihr Einsaugen
und Ausscheiden, Ebbe und Fluth, Electricität, Magnetismus,
das zeigen ihre Krankheiten sogar." —
Bemerkenswerth scheint mir auch diese Definition des
Schlafes von demselben Schriftsteller: — „Das Leben ist
ein Strom, und der Schlaf ein jenseitiges Leben." —
Dass Börne für dergleichen Erfahrungen auf dem Gebiete
des L)ebersinnlichen ein reges Interesse hegte, zeigt auch
seine folgende Erwähnung in „W. W." VIII. S.120: — „Dr____
erzählte Folgendes: Der verstorbene B. in Rom glaubte die
Gabe zu besitzen, jedes Menschen künftiges Schicksal aus
dessen Gesichtszügen zu erkennen. Dabei wurde er wie von
einer dämonischen Gewalt wider seinen Willen angetrieben,
allen seinen Bekannten ihr Schicksal vorherzusagen." —
Von dem Schriftsteller Zschokke ist Aehnliches wohl näher
bekannt. Dürfen wir Theodor Mügge (in seiner Novelle
„Romana") glauben, so giebt es in Corsika unter den
Hirten, welche ein wahres Einsiedlerleben auf den hohen
Bergen mit ihren Herden führen, solche Propheten, welche
auch „wie von einer dämonischen Gewalt wider ihren Willen
angetrieben werden und aus den Gesichtszügen das künftige
Schicksal erkennen. Diese bedienen sich auch daneben eines
sonderbaren Spiegels, welchen sie aus dem linken Schulterbein
eines geschlachteten Schafes herstellen." —
Ich las neulich eine andere Sammlung von Börners
Schriften (Stuttgart, Brodhag'sche Buchhandlung, 1840) und
fand über Magnetismus und verwandte Dinge noch Folgendes.
In einem Briefe vom 5. November 1820 (B. V p. 307)
steht: — „Das magnetische Treiben einiger hiesigen Aerzte
und öffentliche Vorlesungen über den thierischen Magnetismus
haben mitgeholfen, den Einklang des weiblichen Herzens zu
zerstören. Man dürfte wünschen, jene gefährliche Lehre
möchte nur naturkundigen Männern zugänglich gemacht
werden, wenn nicht noch gefährlicher wäre, irgend eine
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