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Kurze Notizen.
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boshaft zu schädigen. Dieses Vorurtheil war früher noch
tiefer eingewurzelt als jetzt, und um die Geister der alten
Weiber daran zu hindern, dass sie Ort und Leute behexten,
pflegte man ihre Häuser niederzubrennen, sobald die Leiche
zur Beerdigung aus ihnen hinweggenommen war. Dies
geschah, damit der Geist kein Versteck finde, und damit
er, während er nach seiner früheren Heimath suche, von
seinen boshaften Gedanken abgelenkt werde. Diese Ansicht
entspricht den abergläubischen Vorstellungen barbarischer
Völker in anderen Welttheilen." — (Vergl. sub a und c.)
g) Im „Leipziger Tageblatt" v, 27. Februar er. Nr. 58,
Erste Beilage, steht ein zweiter Schlussartikel von Erdmann
Glaser übei „Die Glocken nach Ursprung, Geschichte
und Scige", aus welchem wir neben vielem
jedenfalls bloss Sagenhaften auch einiges T hat sächliche
hervorheben wollen, welches an gewisse mediumistische Erscheinungen
von sich selbstbewegenden Gegenständen und
Klingeln erinnern dürfte. Es heisst daselbst: — „Nach der
Sage scheinen sich die Glocken frei bewegen zu können,
denn wenn sie am Gründonnerstage in den katholischen
Kirchen schweigen zum Zeichen der Trauer, dann fliegen
sie kölnischem Kinderglauben zufolge nach Rom zum Papst,
der sie bewirthet. Sie bringen allerlei Leckerbissen mit, die
sie am Charsamstag bei der Rückkehr für die Kinder fallen
lassen. Auch dieser liebliche Zug stellt sie als rasch die Luft
durchziehende, gütige, begabende Elben hin. Als solche sind
sie auch der Zukunft kundig. Wenn die Glocke von selbst
anschlägt, stirbt Jemand oder es bricht Feuer aas (Erzgebirge
), oder es ereignet sich überhaupt ein öffentliches
Unheil. Den grössten Ruf in dieser Hinsicht hat sich eine
Glocke zu Vililla in Aragonien erworben. Sie hängt auf einem
Thurme der auf einem Hügel stehenden Nicolaikirche und
ist mit zwei Crucifixen verziert, von denen das eine östlich,
das andere westlich angebracht ist. Wenn ein öffentliches
Unglück droht, fängt sie, und zwar einige Monate zuvor, ohne
Menschenhände, ohne Wind, ohne Erdbeben oder irgendeine
wahrnehmbare Ursache von selbst an zu läuten, und zwar
so, dass der Klöppel nach derjenigen Weltgegend anschlägt,
von wo das Uebel kommen soll. Es geschah in den Jahren
1435, als König Alfons V. von Aragonien das Königreich
Neapel in Besitz nahm; 1485 während des Krieges gegen
Granada; 1527 beim Anfange des zweiten Krieges mit
iranz L von Frankreich und der Plünderung Roms unter
Clemens VII. \ 1558 beim Tode Kart's F.; 1564 als Vorzeichen
der Pest in Saragossa; 1568 bei der Enthauptung des
Infanten Don Carlos und dem Tode der Königin Isabella;
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