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330 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1889.)
ihr wohlbekannten Schreibzimmer an der Seite Papas und
noch eines anderen Herrn Gustav B., den sie sehr achtete
und ihm, der stets zweifelte, einmal einen greifbaren Beweis
geistigen Wirkens geben wollte. (Ich schalte hier ein, dass
häutig auch im magnetischen Schlaf dieses Gefühl der
Schmerzlosigkeit, Leichtigkeit und Freiheit eintritt.) Sie
war erfreut durch die schnelle Reise, fühlte sich ganz wohl
und zum Muthwillen aufgelegt, richtete ihre Ansprache
hauptsächlich an B. und setzte gegen ihn gewendet das
Gespräch fort, als sie plötzlich (in Wien) durch das Geschrei
ihrer Neffen und Nichten im Nebenzimmer unangenehm
erweckt wurde. Sie schlug auf ihrem Bette verdriesslich
die Augen auf und hätte sich an das Detail des in Mödling
geführten Gespräches nicht mehr ganz erinnert-, aber glücklicherweise
hatte es der leutselige Herr B. protokollirt (zu
dem sie sich also, wie die Spiritualisten das nennen, als
controlirender Geist verhalten hatte), und der hier mit-
getheilte Bericht ist in Stratifs Sammlung aufbewahrt.
„Den nächsten Tag, 22. Mai, richtete Herr Stratil an seine
Tochter Karoline in Wien vier Fragen, betreffend Sophien1^
Leben und Thun am 21. Mai, und ob sie an diesem Tage
Nachmittags von 3—4 Uhr geschlafen, und ob und was sie
geträumt habe? Dass Sophie in dieser Stunde sich wegen
Kopfschmerz niedergelegt und geschlafen habe, war bekannt,
wegen des Träumens wurde Sophie von ihrem Bruder Anton
befragt, ohne dass derselbe ihr von Stratum Schreiben etwas
sagte. Es war aber, abgesehen davon, dass es ihr überhaupt
am Willen fehlte, sehr schwer für sie, von jenen
'Träumen' viel zu sagen; sie gab an, hauptsächlich nur
sich daran zu erinnern, dass sie vom Körper weg an andere
Orte versetzt gewesen war. Bloss der erste Besuch stand
vollkommen klar vor ihrer Erinnerung, aber sie fand denselben
schon damals (wie auch jetzt) zur Mittheilung vorläufig
nicht geeignet. Die Erinnerung an den zweiten
Besuch war durch das Kindergeschrei verdunkelt worden,
und sie vermochte über denselben anfangs wenig auszusagen.
Aber auf die fortwährenden Fragen erinnerte sie sich nach
und nach, dass sie mit zwei Herren, einem älteren und
einem jüngeren, in Gegenwart ihres, von diesen
nicht bemerkten, vor vier Jahren verstorbenen
Vaters heiter sich unterhalten, und dass diese über das
von ihr Gesprochene verschiedener Meinung waren, was sie
unangenehm berührt habe.
„Ihr Bruder berichtete dieses nach Mödling und erhielt
mit der Antwort des Herrn Stratil ein verschlossenes Packet,
das erst zu eröffnen wäre, nachdem Sophie einen Brief
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