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372 Psychische Studien- XVI. Jahrg. 8. Heft. (August 1889.)
Zerstreute Ideen in Sachen des Spiritismus.*)
Brief an einen deutschen Philosophen.
Von An ton Schmoll in Paris.
(Nachdruck nur mit spezieller Genehmigung des Verfassers gestattet.)
VIII.
(Fortsetzung von Seite 327.)
Fortsetzung und Seliluss von Spiritistische Routine.
Die Medien, gänzlich gewöhnt an ihre Rolle, setzen
sich mit sichtlicher Gleichgültigkeit an den Tisch; derselbe
bewegt sich, und die hergebrachten, stets durch
dasselbe Mittel hervorgerufenen Mittheilungen aus der
.„Geisterweit" beginnen, ohne jedoch jemals irgend etwas
Neues, Interessantes zu Tage zu fördern. Ist die Vorstellung
zu Ende, so geht ein Jeder, als habe er einer
Vesper beigewohnt, zufrieden und erbaut nach Hause mit
dem Bewusstsein, abermals mit den Geistern verkehrt, abermals
den greifbaren Beweis unserer Unsterblichkeit geliefert
zu haben. Und so geht das einen Tag wie den anderen.
Dieses stereotype Treiben belegt man mit dem Namen
„spiritistische Wissenschaft", während die meisten
Spiritisten von der wirklichen, fruchtbaren, eine ganze
Zukunft in sich bergenden Wissenschaft des Ueber-
sinnliehen, d. h. dem thierischen Magnetismus
in seinen verschiedenen Formen, der Gedankenüber-
t raguug, dem comparativen Studium der normalen und anormalen
Bewusstseinszustände u. s. w., nur mit Achselzucken
, Geringschätzung und sichtlicher Antipathie reden.
Alles das sind Verkehrtheiten, welchen es Zeit wäre ein
Ende zu machen. Die Unsterblichkeitsfrage ist in
mancher Hinsicht für den Philosophen und muss für ihn
bleiben, was der Stein der Weisen, das Perpetuum mobile
und die Quadratur des Kreises für die Weisen des
Mittelalters waren: ein permanenter Sporn sich stets erweiternder
Forschung.
Entgegnet man aber dies Alles den Spiritisten, so verschanzen
sie sich in ihr letztes Retranchement und sagen,
*) Auf Seite 320 des vorigen Juli-Heftes, Zeile 4 u. 5 von oben,
ist hinter den Worten: — „flüchtet sich ängstlich in den Mutter-
schooss, sobald er ein unbekanntes Gesicht erblickt," — einzuschalten
: — Schon Novalis sagte, dass Kinder als Geisterseher
in die Welt träten (s. W. Smets „Hieroglyphen", Cöln, 1821).
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