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374 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 8. Heft, (Augast 1889.)
entwickelte Seelenlehre anlehne, alle — oder doch
mindestens alle mir bis dato bekannten — übersinnlichen
Vorgänge, vom einfachen Tischrücken bis zu
den Materialisationen, sich auf das Einwirken des
Astralleibes noch lebender Menschen zurückführen
lassen, ohne dass ich nöthig hätte, bei dieser Hypothese
meinem Geiste einen besonderen Zwang anzuthun. Unter
den vielen von C. du Prel berichteten Fällen von Bethätigung
des Astralleibes noch lebender Menschen ist mir, als für
diese Ansicht sprechend, besonders derjenige aufgefallen,
welchen Dr. Hagemann an Zschokke meldete („bphinx" 188(3
II, Nr. 0, S* 376). Die Manifestationen fanden bei Lebzeiten
des Betreffenden statt, hörten aber nach dessen
Todevollständig auf, gewiss ein nicht bedeutungsloser
Umstand. Freilich ist dies nur ein aus vielen herausgegriffener
Fall;*) aber er trägt ein ganz besonders
charakteristisches Gepräge, und seine Bedeutung wird durch
die Thatsache verschärft, dass in den zahllosen Fällen, wo
spontane, d. h. ohne Zuthun eines Mediums bewirkte, Erscheinungen
stattfanden, stets von Sterbenden, nicht
aber von Verstorbenen die Rede ist. Verstorbenen
wird eine Bethätigung nur in Spukgeschichten und in
einer gewissen Klasse mediumistischer Phänomene
beigemessen. Es fragt sich aber, wie ich schon weher oben
andeutete, ob diese Betheiligung eine reale, oder eine bloss
fiktive ist, und ob die Geistesstimmung der Medien oder
der sonstigen bei diesen Vorgängen irgend wie thätigen
Persönlichkeiten sich nicht mehr oder weniger leflektirt in
dem Verhalten der sich manifestirenden Intelligenzen. Baron
Heilenbach hat („in Geburt und Tod", S. 170—184) eine
Lanze gebrochen gegen die „Psychischen Studien", um die
Hypothese der „psychischen Kraft" zu bekämpfen. Er dürfte
aber bei dieser ganzen Widerlegung ein wenig voreingenommen
gewesen sein von einer persönlichen Meinung. Man trägt in
all diesen Fällen gewöhnlich dem Umstände nicht genug
Rechnung, dass das intelligible Subjekt des Mediums sehr
wesentlich beeinflusst, dass die psychische Kraft verstärkt,
oder in potenziellem Maaszstabe vermannichfaltigt werden
kann durch unsichtbare Wesen, welche nicht noth-
wendig als Geister Verstorbener angesehen werden
müssen, sondern ebenso gut der momentan von seinem
Zellenleibe getrennte psychische Kern noch lebender
*) In dem soeben in London erschienenen Werke von E. Gurney
und jF! W. A. Myers „The Phantasms of the Living" sind mehr
als 700 solcher Fälle verzeichnet.
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