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376 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 8. Heft. (August 1889.)
gesehene, weibliche Geistergestalt wirklieh der (angeblich
) vor mehreren hundert Jahren verstorbenen Katie
King angehörte, und nicht etwa einer noch lebenden
Somnambulen, deren Doppelgänger diese Rolle zu spielen
sich unbewusst veranlasst fühlte? Konnte es nicht auch
das E i d o 1 o n irgend einer mit Miss Florence Cook in Seelenverwandtschaft
stehenden und augenblicklich in natürlichem
Schlafe befindlichen Person sein?
II nb ewusste Suggestion. — „Aber", — wandte mir
einer meiner spiritistischen Freunde ein, dem gegenüber ich
mich in vorstehender Weise ausdrückte, — „wenn dem so
wäre, so müsste ja angenommen werden, dass alle jene
sich manifestirenden Intelligenzen Vergnügen daran fänden,
uns zu betrügen und uns hinsichtlich ihrer Identität blauen
Dunst vorzumachen! Welches Interesse hätten sie aber
an diesem sinnlosen Spiele? Es giebt freilich genug Lügner
und auf päe Art von Mystifikation versessene Menschen in
der Welt; aber sie bilden im Grunde doch nur eine unbeträchtliche
Minorität, und wenn in einer Versammlung
von hundert ohne Wahl aus der Masse gegriffenen Individuen
ein Jeder um seinen Namen gefragt wird, so ist doch wohl
neun gegen zehn zu verwetten, dass neunundneunzig die
Wahrheit sagen werden/' —
Dieser Einwurf hat von positiver Begründung nur den
Schein; denn er trägt dem Umstände keine Rechnung, dass
bei F e r n w i r k u n g e n vor allem die sich bethätigende
Intelligenz nicht in normalem Zustande ist, und dass
andererseits bei derai'tigen Kundgebungen sehr wahrscheinlich
Paktoren ins Spiel treten, welche sich vor der Hand
noch unserer directen Wahrnehmung entziehen. Wenn
Geister Verstorbener citirt werden, so ist nicht
allein das Medium, sondern auch gewöhnlich die grosse
Mehrzahl der Anwesenden in zuversichtlicher Erwartung,
dass dieselben wirklich kommen werden. Durch diesen
Umstand allein ist schon eine Art psychischer Strömung
hergestellt, welche wahrscheinlich nicht ohne Einfluss auf
die erwarteten Kundgebungen ist. Es ist also gar nicht
schwer anzunehmen, dass schon diese vorherrschend
geister glaub ige Stimmung der Experimentirenden,
wie schon weiter oben angedeutet, in unbewnsst suggestiver
Weise auf die sich bekundenden Intelligenzen wirkt. Ich
erkläre sogar hieraus den Umstand, dass die Aussagen der
„Geister" in den überwiegend meisten Fällen das offenbare
Gepräge des Bildungsgrades und der Denkweise derjenigen
tragen, welche an den Experimenten Theil nehmen, sowie
dass die von mehr oder weniger skeptisch Gesinnten aus-
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