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Wittig: Lasswitzianismus und Miraxianiamus. 399
im geringsten erschüttert und Mirax in keinem Punkte
wirklich widerlegt oder verbessert. Er hat sich notorisch
nur selbst persiflirt mit den Worten des Commerzienrathes:
— „kein Mensch mag heutzutage von Philosophie etwas
wissen"! — Wie mag es nur kommen, dass er sogar seinen
eigenen Redacteur zum Erdgeiste sprechen lässt: — „Nur
nichts Philosophisches! Die Zeitung verlöre sämmtliche
Abonnenten, Das Publikum mag davon nichts wissen. Nur
nichts, was ernste Aufmerksamkeit erfordert! Höchstens
noch ein paar Gespenstergeschichten, wie sie Mirax
erzählt; aber mit ein paar Scataufgaben wäre mir besser
gedient." — So herrlich weit hätte es also die moderne
Philosophie, welche Herr Lasswiiz vertritt, in ihrem eigenen
Publikum gebracht! Denn unter dem philosophischen Neffen
des Comraerzienraches meint er sich doch wohl selbst? Man
muss diese seine vortreffliche Selbstcharakteristik gelesen
haben! Das nennen wir doch einmal richtiges philosophisches
„Selbstbewusstsein"! Nur schade, es wurde sicher in einem
selbstunbewussten Zustande niedergeschrieben. Es hätte
sich sonst nicht zu solcher Ohnmacht seines Wissens und
Könnens bekennen können: — „Der menschliche Verstand
reicht nicht über seine Grenzen"! — Also, wer bloss das
Ein mal Eins bis 10 oder höchstens 20 kennt, vermag dreist
mit ihm zu behaupten: — jenseits der 20 gebe es keine
Multip]lcation mehr, es gebe auch weiter keine höheren
Rechnungen! Er gehört zu jenen Gegnern des Miraxianis-
mus oder Mystotransscendentalismus, welche leugnen,
dass es eine Geisterwelt hinter der Natur gebe, und dass
dem Menschen die Erkenntniss. dieser Geisterwelt überhaupt
möglich sei, zu jenen kurzsichtigen Anhängern eines blöden
Sinnlichkeitsphantoms, bloss weil die Sache über die augenblicklichen
Grenzen ihres Verstandes geht! Ihren beschränkten
Verstand setzen sie als Weltverstand und
persifliren an Mirax die gleiche Voraussetzung! —
Wir empfehlen Herrn Kurd Lasswitz die Leetüre, welche
sein Gesinnungsverwandter in Dresden, Herr Wolfgang
Kirchbach, der Herausgeber des „Magazins für die Litteratur
des In- und Auslandes44, 58. Jahrg. Nr. 1 v. 1. Januar 1889,
zu unserem nicht geringen Erstaunen in Form eines trefflichen
modernen Märchens von Ernst Eckstein, betitelt: —
„Die beiden Austern", seinen Lesern darbietet. Es
ist das gerade Gegentheil vom obigen Lasswitzianismus,
d. h. so viel wie: „lasse deinen Witz über das Metaphysische
des Spiritismus !*' Herr Kirchbach muss es in einer Weihnachtsdämmerstunde
im hypnotischen oder unbewussten
Zustande für sein aufklärerisches Journal bestimmt haben.
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