http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1889/0451
Wittig: Hallucinationea und Illusionen. 443
(S. Zöllner^ „Wissenschaftliche Abhandlungen" II. Bd.
s1. Theil, S. 342 ff.) Am Schlüsse seiner denkwürdigen
Beschreibung dieses durch Controllversuche bestätigten
Experiments sagt Zöllner: — „Ich bemerkte scherzend meinen
Freunden gegenüber, dass man nun ein sehr einfaches
optisches Reagenz auf 'Medien' gefunden hätte, was bei
etwaigen Anklagen wegen betrügerischer Zauberei ein werthvolles
Vertheidigungsmittel abgeben könne." — Hiernach
müssten Medien vom Schlage Slade1s entweder ganz anders
organisirt sein als hypnotisirte Somnambule, bei denen
optische Gläser auf die Sehobjecte einwirken, was bei Stade
nicht der Fall war, oder aber ein Medium müsste m seinem
Trance-Zustande einen höheren Grad des Hellsehens gewinnen
, als im somnambulen Zustande möglich ist. Wenn
aber optische Gläser eine Vision zu vergrössern und zu
verkleinern im Stande sind, so dürfte unseres Erachtens
auch die Einwirkung solcher Gläser mit hinein geschauten
visionären Bildern, auf eine photographische Platte nichts
Unmögliches sein.
Herr Dessoir berichtet weiter: — „Prof. Londe, Chef
der chemischen Arbeiten an der Pariser Salpetriere, sagte
eines Tages zu einer im Somnambulismus befindlichen
hysterischen Kranken unter Vorzeigung einer photographischen
Platte * — 'Sehen Sie, das ist Ihr Bild, Sie sind ganz nackt.'
Nach ihrem Erwachen bemerkte die Patientin kaum die
Platte, welche in Wirklichkeit eine Pyrenäenlandschaft darstellte
, als sie auch sofort auf dieselbe losstürzte und sie in
Stücke brach, voller Wuth darüber, in einem Zustande
abgebildet zu sein, der sich allzu sehr der Natur näherte.
Nun hatte man aber vorher schon 2 Abzüge von dieser
Platte genommen und bewahrte dieselben mit Sorgfalt auf.
Jedesmal, wenn die Kranke diese sieht zittert sie vor Wuth,
denn sie bemerkt jedesmal ihre eigene nackte Gestalt, und
vergeblich hat man sich bemüht, sie von ihrer Täuschung
zu befreien; noch jetzt, nach Verlauf von mehr als zwei
Jahren, dauert die Hallucination fort. —
Herr Dessoir tritt ferner für den centralen und
cerebralen Ursprung der Hallucinationen (im
Gehirn) ein; derselbe liege nicht in oder vor den äusseren
Sinnesorganen. Er bezieht sich auf Wigand oft citirtes
Beispiel von dem Maler, der das Bild, das er von einer
Person in sich trug, sichtbar in den Raum hinaus projiciren
konnte und das Porträt nicht nach dem Original, sondern
nach dem Phantom malte. — Träume nennt er die normale
JForm der Hallucination. Auch die potentielle (verborgen
wirkende) Hallucination Gurney's gehöre hierher, nämlich das
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1889/0451