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458 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 10. Heft. (October 1889.)
zeigte sich einen kurzen Augenblick und verschwand
dann. Dieser Mann war zur selben Zeit, als sein Bruder
die Erscheinung gesehen, gestorben.
20. Fall. — Als sicher verbürgte Thatsache theilt K.
mir Folgendes mit: — In seinem Heimathsorte in Mecklenburg
starb eine Frau, welche kurze Zeit nach ihrem
Tode wieder erschien und zu wiederholten Malen in
der Küche ihres Wohnhauses gesehen v/urde. Diese Erscheinungen
der Frau fanden am hellen Tage statt,
während die Tochter der Verstorbenen in der Küche ihre
Arbeit verrichtete. Eines Tages aber gab sie ihrer Tochter
durch gesprochene Worte eine gewisse Stelle auf dem
Boden des Hauses an, wo sie 50 Thaler versteckt habe.
Als man hier nachsuchte, fand sich das Geld, und nun
erschien die Frau nicht wieder. Als ich JK, den ich als
glaub würbigen Mann kenne, die Andeutung machte, welchen
Gebrauch ich event. von seiner Mittheilung zu machen gedächte
, erklärte er sich bereit, öffentlich für die Wahrheit
des Erzählten mit seinem "Namen einzutreten.
21. Fall. — Zu meinem Hamburger Verwandtschaftskreise
gehörte auch ein Mann, mit Namen 2?., der nicht
mehr am Leben ist. B. besass die Gabe des zweiten
Gesichts, sprach aber nur selten und ungern darüber.
Doch war es ihm leicht anzusehen, wenn er sich unter dem
Eindruck des Gesichts befand. War es vorüber, so wich
er etwaigen Fragen meistens aus. Seine Gesichte waren,
soviel ich davon gehört habe, stets düsterer Natur: Särge
und Leichen. Einen Familienangehörigen, seinen Schwiegervater
, sah er einst im Sarge liegen, mit rothen Wangen,
wie ein Lebender, und es traf sich, dass derselbe, welcher
unerwartet starb, die Lebensfarbe noch im Sarge auf den
Wangen trug.
22. Fall. — Eine Frau B. begab sich in Begleitung
ihrer Nachbarin auf den Friedhof, um einen Denkstein
zu besichtigen, den sie auf dem Grabe ihres Mannes
hatte errichten lassen. Beide Frauen waren mit spiritua-
listischen Experimenten wohl vertraut. Auf dem Friedhofe
fiel es der Frau B. ein, ihren Mann zu fragen, ob der
Stein nach seinem Geschmack sei, und mit Hülfe eines
leeren Blumentopfes und eines Brettes, welche Gegenstände
sich in der Nähe fanden, arrangirten die beiden Frauen
hier gleich an Ort und Stelle auf dem Friedhofe eine
„Sitzung". Dabei erhielten sie die befremdliche Mittheilung
, dass der Stein gar nicht auf dem
Grabe des Mannes stehe, dass das rechte Grab, obwohl
in der Nähe des vermeintlichen, sich an anderer Stelle
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