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Wittig: Theodor Storm und Mörike über Spiritualismus. 537
einen kritischen Freund' S. 156), die Hauptsache sein, die
uns dann auch durch Ihr ganzes Büchlein so hegleitet hat,
dass wir den 'Schatz* sogleich noch einmal hinterher gelesen
haben." — „Meine kleinen Situationsstücke („Sommerge-
sehichten") anlangend, so sind sie einmal, ich glaube in
Kühnes 'Europa', 'Aquarelle' genannt, und ich habe diese
Bezeichnung, welche Ihre gewiss richtige Bemerkung über
'Immensee' ohne Weiteres in sich fasst, als besonders zutreffend
empfunden. . . Wenn Ihnen 'die Katzen' {Storni$
'Gedichte. Gesammelte Schriften' Bd. I, S. 69) zugeschrieben
werden und Sie diess nicht ganz ohne Behagen
erfahren, sv wollen Sie nicht vergessen, dass Eduard Mörike
ganz besonders zu den Dichtern gehört, die auf die Ausbildung
meines kleinen Talentes vonEinfluss gewesen sind." —
Aus Potsdam den 1 März 1854 schreibt Storm an Mörike:
— „Mit Ihrem 'Hutzelmännlein1 hat sich mir eine alte
Lebenserfahrung aufs Neue wenigstens theilweise bestätigt,
dass nämlich oft das innere Erlebniss viel später eintrifft
als das äussere. Erst lange, nachdem wir es gelesen und
nachdem ich meinen etwas übereilten Brief an Sie abgesandt
, ist mir die Fülle von Anmuth so recht lebendig
gewordeu, welche Sie, namentlich auch im ersten Theile,
überall in dies Büchlein 'hineingeheimnisst' haben. So lese
ich es denn jetzt zum zweiten Mal, um mich ganz darin
heimisch zu machen." —
Der Dichter Mörike antwortete im April 1854 zurück
: — „Als ich in Ihrem jüngsten Schreiben an die
Stelle kam, wo Sie von hartnäckiger Kränklichkeit reden,
durchzuckte mich ein Schmerz und weinerliches Zorngefühl,
wie uns ergreift, wenn wir das Edelste durch eine rohe
Hand bedroht oder beschädigt sehen. Diess darf Sie nicht
erschrecken, Bester! Ich bin Hypochonder von Hause aus
und kann im nächsten Augenblick gleich wieder übei meine
extremen Sorgen lachen, sie mögen nun mich oder Andere
betreffen." — „Aufrichtig bin ich Ihnen noch für Ihre in
Lob und Tadel gleich getreulichen Bemerkungen über das
Märchen verbunden. Wenn wir auf meinem Sopha nur
einander gegenüber sässen, so sprächen wir wohl auch
darüber con amore mehr. Jetzt aber nur so viel: Sie setzen
voraus, es habe hier die schwierige Aufgabe gegolten, vorhandene
Sagen künstlich zu verweben» Dem ist jedoch
nicht so. Mit Ausnahme dessen, was in den Noten ausdrücklieh
angeführt wird, ist Alles frei erfunden, zum
wenigsten hielt ich's bis jetzt dafür. Das Volk weiss insbesondere
nichts von einer Wasserfrau, denn die in den
Teich geworfenen Sühneopfer \\aren vielmehr ordentlich
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