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Schmoll: Zersfreute Ideen in Sachen des Spiritismus. 565
Aetherschwingungen, welche in Form von Sinneseindrücken
zu unserem Bewusstsein gelangen, ist bekanntlich eine
ebenso beschränkte als lückenhafte; den Raumbewohnern
steht wahrscheinlich eine ununterbrochene und der unseren
ums tausendfache überlegene zu Gebote. Ich halte also
den von unendlich zahlreichen und unendlich mannichfaltigen
Kraftströmungen durchkreuzten Aetherraum, da ihm als
solcher doch wohl ein Zweck entsprechen muss, für den
Tummelplatz unserer G-eistigkeit und die darin zerstreuten
Planeten für den unserer, sei es in Folge unseres Willens,
unseres Bedürfnisses, oder einer absoluten Notwendigkeit,
periodisch eintretenden Mateiialität.
Wenn ich diesen Gedanken noch weiter auskleiden
dürfte, so würde ich auf den wohl nicht zu bezweifelnden
Umstand hindeuten, dass zwischen allen Sonnen, jenen
lebenspendenden, ich möchte fast sagen „göttlichen"
Radiationscentren, ein permanenter Austausch von Urkräften
stattfindet. Eine jede derselben entsendet nach allen übrigen
einen Theil ihres Lichtes und wird ihrerseits wieder von
allen bestrahlt. Zahllose Kraftemanationen kreuzen und
verschmelzen sich also in jedem Punkte des intersideralen
Raumes und bedingen dadurch (ähnlich wie das Gravitationsgesetz
) gewissermaassen die Solidarität des ganzen unsichtbaren
Universums. Gesetzt nun, es gäbe wirklich Wesen,
deren Organismus dem G esetze der Schwerkraft nicht mehr
unterworfen und ausserdem subtil genug beschaffen wäre,
um jene Emanationen in ihrer unendlichen Mannichfaltigkeit
zu empfinden, so wäre für diese Wesen offenbar keine Noth-
wendigkeit vorhanden, einem besonderen siderischen Systeme
anzugehören. Vom ganzen All, von den entferntesten Sonnen
würden ihnen ohne Unterlass Lebens- und Kraftausflüsse
zugestrahlt, welche ihr ätherischer Organismus in sich aufnähme
, sich assimilirte und zur Synthese eines überschwänglich
erhöhten Seins verarbeitete. Der kühnste Schwung der
Phantasie wäre unfähig, die Herrlichkeit einer Existenz
auszumalen, die sich unter solchen Lebensbedingungen abspielte
. Ist nun die Existenz solcher Wesen eine ganz und
gar unwahrscheinliche? Sollte dieser den ganzen denkbaren
Raum durchzitternde Kräfteaustausch nicht einem auf die
Verherrlichung des individuellen Lebens gerichteten Zwecke
entsprechen? Ja, ich möchte fast glauben, dass, wenn es
für den mit Sternen besäten Weltenraum und den in den
offenbarten Religionen als Aufenthaltsort der Auserwählten
bezeichneten „Himmel" in allen gebildeten Sprachen nur
ein Wort giebt, diess nur dem Umstände zuzuschreiben ist,
dass die menschliche Natur selbst unbewusster Weise zu
Pgychfeche Studien. Decem^er 1889.
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