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576 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 12. Heft. (Deeeraber 1889.)
worauf verächtliche Beinamen folgten, die hier wiederzugeben
unmöglich ist, lediglich anwendbar auf Personen
von einem schwachen und unentschlossenen Character,
welche der energische und schneidige Character „SchurcCn"
nicht leiden konnte, — Beinamen, welche sich im Wörterbuche
nicht befinden, die aber die von ySchura" bei ihren
Lebzeiten gebrauchten characteristischen Ausdrücke waren,
wie in der Folge festgestellt ward.
Trotz alledem zögerte Fräulein Sophie noch immer, und
bei jeder folgenden Seance bestand ^Schura" immer stärker
auf der Forderung, Fräulein Sophie möge sofort handeln.
Das ist sehr wichtig zu merken, wie wir späterhin sehen
werden. Diese Unentschlossenheit von Seiten des Fräuleins
Sophie wurde von ySchura" dem Einflüsse der Frau v. Wiesler
zugeschrieben. Gegen sie benahm sich „Schura" von Anfang
an offenbar übelwollend; sie hatte von der ersten Seance
an erklärt, dass sie sich nur an Fräulein Sophie wenden
wolle; sie gestattete Frau v. Wiesler niemals, eine Frage zu
stellen, und sobald sie es versuchte, fuhr sie dieselbe mit
einem: — „Schweigen Sie, schweigen Sie!" an;
wohingegen sie bei Anreden an Fräulein Sophie diese mit
Ausdrücken lebhaftester Zärtlichkeit überhäufte.
Wie gross war das Erstaunen und die Bestürzung
dieser Damen, als bei der Seance vom 26. Februar die
ersten Worte lauteten: — „Es ist zu spät; Du wirst
es bitter bereuen, und die Gewissensbisse werden
Dich verfolgen; gewärtige seine Arretirung!" —
Und das waren auch die letzten Worte von „Schura";
denn von dieser Zeit an schwieg sie. Man versuchte noch
eine Seance am nächsten Dienstag; aber das Resultat war
gleich Null. Und die Seancen der Frau v. Wiesler und ihrer
Tochter wurden seitdem vollständig aufgegeben.
Während diese Saancen stattfanden, setzte mich
Frau v. Wiesler ganz natürlich in Kenntniss von dem,
was sich ereignete, und besprach sich wegen des zu
Thuenden angesichts der sonderbaren Anforderungen
„Schura's". Einige Zeit nach dem Aufhören der Seance
entschloss sich Frau v. Wiesler zur Beschwichtigung ihres
Gewissens und zur Beruhigung ihrer Tochter, den Eltern
des Nikolaus diese ganze Episode mitzutheilen; man gab nichts
darauf, weil man seine Führung tadellos fand; die Familie
war in dieser Hinsicht vollkommen beruhigt; aber es ist
wichtig zu konstatiren, dass diese spiritischen Mittheilungen
den Eltern vor dem Ausgang der Geschichte bekannt gegeben
waren. Und da während des Ablaufes des Jahres Alles
glücklich verlief, gelangte Fräulein Sophie zu der vollen
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