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596 Psychische Studien. XVI. Jahrg. 12. Heft. (December 1889.
III. Abtheilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergL
Die Wünschelruthe als Rrimioal-DetecUv.
Referirt von Gr. C. Wittig.
Ein mit gleichem Titel versehener Artikel von L.
Kuhlenbeck bringt als XV. Artikel der Rubrik: „Unerklärliches
aus Vergangenheit und Gegenwart" in „Schorer's
Familienblatt" Nr. 6, 1889 den historischen Bericht
der Entdeckung des einen angeblichen Mitrerübers eines
Doppelmordes, begangen von unbekannten Mördern im Juli
1692 an einem Ehepaar, das am Neumarkt der Stadt Lyon
eine Weinwirthschaft besessen hatte, vermittelst eines Bauern
in den Bergen des Dauphinöe, Namens Jacques Aymar,
welcher den merkwürdigen Ruf besass,mit einer gabelförmigen
Wünschelruthe, die er mit übereinander gekreuzten Armen
festhielt, alle möglichen verborgenen Dinge entdecken zu
können. Dieser Mann folgte, von der damaligen Kriminalpolizei
*) dazu aufgefordert, welche alle übrigen natürlichen
Spukmittel bereits erschöpft hatte, den Spuren der Mörder
fast durch ganz Prankreich, nachdem er sich vorher dem
Staatsanwalt und Untersuchungsrichter gegenüber dadurch
als sicherer Pfadfinder legitimirt hatte, dass er ihnen die
Leichen und die blutige Axt mit Hilfe seiner Wünschelruthe
anzeigte. Einer der Mörder, ein Buckliger, wird in
einem Gefängniss der Stadt Beaucaire, in das er wegen eines
geringen Diebstahls eben erst eingeliefert worden, auf diesem
Wege entdeckt und nach Lyon transportirt, wo er auf dem
ganzen Wege dorthin an allen Orten als derjenige erkannt
wird, welcher mit seinen beiden Mordgesellen daselbst eingekehrt
war. Die letzteren entkamen über die Grenze; dem
Buckligen wurde der Prozess gemacht und er zum Tode
durch das Rad verurtheilt. Seine schliesslichen Bekenntnisse
bestätigten auch, was Aymar über die Entweichung seiner
Genossen behauptete. Der Bucklige suchte nur seinen
thätigen Antheil an der Ausführung des Mordes abzuschwächen
durch die Behauptung, nur dabei zugegen gewesen zu sein,
als die beiden Genossen, der eine den Mann, der andere die
*) Wie aus unserer Kurzen Notiz sub c) des Februar-Heftes
1886 der „Psych. Stud.u S. 94 hervorgeht, hat auch die Polizei
der Jetztzeit schon das Gedankenlesen für ihre Zwecke zu verwerten
gesucht. Gr. C. W.
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