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606 Psychische Stadien. XVI. Jahrg. II* Höft. (Decembcr 1889.)
einfacher Soldat in Reih und Glied treten und sein Leben
seinem Kaiser weihen. („General-Anzeiger für Leipzig v.
23. Oktober er.) — Telegramm aus Wien, 23. Oktober:
— Die „TSf. Fr. Pr." bezeichnet als Ursache des Entschlusses
des Erzherzogs Johann, sich vollständig ins Privatleben
zurückzuziehen, das Fehlschlagen aller seiner Versuche, die
seit zwei Jahren gegen ihn vorherrschende Verstimmung des
Hofes zu beseitigen. Wahrscheinlich hätten die letzten
Besetzungen hoher Oommandostellen in dem Erzherzoge
die Ueberzeugung geweckt, dass eine Aenderung in den
Anschauungen der entscheidenden Kreise nicht eingetreten
sei. (Daselbst.) — Wien, 23. October: — Wie verlautet, hat
Erzherzog Johann die nachgesuchte Erlaubniss zum Verzichte
auf Titel und Rechte eines kaiserlichen Prinzen bereits
erhalten. Es heisst, er strebe nunmehr die Erwerbung des
Schweizer Bürgerrechts an und wolle sich durch Schifffahrt
und Bhederei eine bürgerliche Existenz begründen, da er
durch seinen Verzicht auch die bisherige Apanage verliert.
(„General-Anzeiger für Leipzig" v. 24. Oktober er.) — Im
Jahre 1884 war der Erzherzog wegen seines I8ö3 erschienenen
Vortrags: — „Drill oder Erziehung?" und einer kurz darauf
folgenden „Streitschrift gegen die Bronzestahlkanonen" als
damaliger Statthalter Steiermarks von Graz hinweg als
Divisionskommandant nach Linz versetzt worden, nicht
lange nach seiner Schrift gegen Bastian und den Spiritismus.
Was wir damals („Psych. Stud." April-Heft 18ö4 8. 182)
mit der drastischen Spruchwarnung des einstigen Wiener
Hofpredigers, Paters Abraham d Santa Clara, in Bastian^
Beziehungen zum Hofe andeuteten, das ist nun eine erfüllte
Prophezeihung für den Herrn Erzherzog selbst geworden.
Was Bastian dereinst durch Ihn miterlebt, das erfährt Er
nun an sien Höchstselbst. Schon vor zwei Jahren wurde
Er in Linz (weil Er sich angeblich in die bugansehe
Politik zu Gunsten des Coburgers, nach neueren Mittheilungen
aber auch mit zu Gunsten seiner eigenen
Person und gegen die politischen Ziele des Dreibundes,
entgegen den Anschauungen des Wiener Auswärtigen
Amtes, ebenso unberufen eingemischt, wie seinerzeit in den
Spiritismus, resp. Mediumismus, seines Postens als Divisionskommandant
zu Linz enthoben und gleichzeitig als Feldmarschall
-Lieutenant in Disponibilität gestellt. Er begab
sich auf Reisen und lebte dann im Schlosse Orth bei
Gmunden bei seiner 76jährigen Mutter, der Grossherzogin
von Toscana, seinen literarischen Neigungen und Studien.
Er befindet sich eben mit den maassgebenden Kreisen
Oesterreichs nicht im Einklänge und war bei den jüngsten
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