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72 Psychische Studien. XVII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1890.)
zustände ein so intensives Lieht wirft, und welche uns allem
Anschein nach den Schlüssel zur definitiven Lösung des
Welt- und Menschenräthsels liefern werden, während andere
Gelehrte dasselbe Gebiet nur vom Standpunkte der Philosophie
, der Psycho-Physiologie, der Biologie, der
Orthopädie, der Jurisprudenz, der Cultur-
geschichte u. s. w. au<* durchforschen,
Seh Iiissw ori. — Aus allem Vorstehenden ersehen Sie,
# dass ich gewissen Dogmen des empirischen Spiritismus nur
deshalb misstrauisch gegenüberstehe, weil ich sie für
chimärenhaft und verderblich ansehe, und weil ich das
Gebäude meines Glaubens an das zukünftige Leben nicht
auf einer so lockeren Grundlage ausrichten möchte. Wie
Jemand, der sich mit der ganzen Macht seiner Seele für
den Unsterblichkeitsgedanken entflammt, zugleich leichtgläubig
sein könnte, ist mir ganz unbegreiflich. Ich habe
die unerschütterliche Ueberzeugimg, dass der Materialismus,,
welcher dem Welträthsel auf die Spur gekommen zu sein
behauptet in Ursachen", die sich bei genauerem Zusehen
als einfache Wirkungen herausstellen, welcher alles
Aussersinnliche leugnet und damit das Licht ausbläst,
durch welches Klarheit in unsere Erkenntniss käme, ein
philosophischer Irrthum ist. Gesetzt aber, er würde mir
eines Tages als eine Wahrheit erwiesen; was könnte es mir
in diesem Falle helfen, mich an meine Illusionen anzuklammern
? Ich müsste mich offenbar, so hart es mir auch
ankäme, vor der Wahrheit beugen; denn dieser kann
Niemand entgehen. Zur Befestigung unseres Unsterblichkeit
^glaubens hat uns die ISatur (als hätte sie unser Be-
dürfniss, unsere Ideen auf positive Thatsachen zu stützen,
verstanden) zahlreiche Hülfsmittel an die Hand gegeben,
ganz besonders in letzterer Zeit; die erste Anforderung, die
sie aber an uns stellt, ist: nüchtern und besonnen damit
umzugehen und sie nicht im Dienste des Irrthums und des
Aberglaubens zu entweihen
Gegen jeden Verdacht systematischer Zweifelsucht oder
gar lächerlichen Aufklärungsstolzes (welcher meinerseits, ich
gebe gern dies zu, geradezu grotesk wäre,) möchte ich mich
also auf alle Fälle aufs Energischste verwahren. Gewiss
werden Sic mir zugestehen, dass der Immortalist, welcher
ohne Prüfung alle, selbst die ungereimtesten Ideen aeeeptirt,
insofern' sie nur irgendwie seinem Systeme nahe stehen,
diesen Namen weniger verdient als derjenige, welcher vor
allem nach reiner, unverfälschter Wahrheit strebt, welcher
stets darauf bedacht ist, seinen Anschauungen eine Sicherheit
gewährende Basis zu unterstellen. Aus meinem ganzeu
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