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Schmoll: Zerstreute Ideen in Sachen des Spiritismus.
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Schreiben dürfte überhaupt wohl hinlänglich zu ersehen
sein, dass ich dem Spiritismus im weiteren Sinne —
welchen ich der Unterscheidung halber lieber „monistischen
Spiritualismus" nennen möchte — und seinen
Vertretern meine ungeteilteste Sympathie entgegenbringe
und allen Bestrebungen, welche auf seinen Triumph hinzielen,
mich mit ganzer Seele anschliesse.
Der ganze Inhalt meines Schreibens Hesse sich nunmehr
in folgenden Punkten zusammenfassen: —
1. Die Geister der Verstorbenen leben in einer uns
gänzlich unzugänglichen Wahrnehmungs- und Empfindungssphäre
und können sich in der unserigen nicht bethätigen.
2. Sämmtliche Phänomene des Mediumismus gehen von
noch lebenden Menschen aus und müssen auf die verschiedenen
Formen des Somnambulismus und der Doppelgängerei
zurückgeführt werden.
3. Geschieht dieses, so wird die moderne Wissenschaft
keinen Anstand mehr nehmen, sich mit der übeisinnlichen
Forschung auszusöhnen.
4. Unser gegenwärtiges irdisches Leben, während dessen
unsere transcendentalen Fähigkeiten tinbewusst in uns
schlafen, ungefähr wie das Lebensprinzip in der Frucht, ist
ein niederes, dem Traumleben vergleichbares.
5. Im Tode erwachen wir wie aus einem Traume zum
vollen Bewusstsein unserer transcendentalen Fähigkeiten,
d. h. zu unserem eigentlichen, ätherischen, seiner ganzen
Anlage nach erhöhten Sein.
6. In diesem periodisch stets wiederkehrenden Wechsel
von höherem und niederem Sein spielt sich der Prozess unserer
geistigen Entwickelung ab und wird unser stets nach einem
erhöhten Sein ringendes Wesen der höchsten Vollkommenheit
entgegengeführt.
7. Die Behauptung, dass eine wesentliche Erhöhung
unserer Existenzbedingungen und Fähigkeiten im zukünftigen
Leben nicht anzunehmen sei, weil es in der ganzen Natur
kein sprungweises Vorgehen giebt, ist also eine ungerechtfertigte
, indem das zu erwartende höhere Sein nur die
Fortsetzung eines früheren ganz ähnlichen ist, dessen
wir uns, so lange wir auf Erden wandeln, nicht erinnern
können.
8. Hierdurch ist man der Notwendigkeit enthoben, die
evidente Trivialität der mediumistischen Mittheilungen den
Geistern der Verstorbenen zuzuschreiben und dadurch der
Unsterblichkeitsidee jeden Reiz, jede Würde u d jeden
idealen Charakter zu benehmen.
Im Anschluss hieran dürfte angenommen werden, dass
Psyohigcho Studien. Februar 1890. 0
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